Gfossen
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Nach Europa zurückgekehrt, wandte es
sich umso energischer seiner »historischen«
nahöstlichen Aufgabe zu. Die allgemeine
politische Situation, die es in Europa vor»
fand, war schon damals durch den sich
immer deutlicher abzeichnenden, grandiosen
Gegensatz zwischen England und Deutsch»
land beherrscht. In England wußte man,
daß dieser Gegensatz einmal ausgefochten
werden müßte, und bereitete sich darauf
durch die »Einkreisung« vor, deren ein
Teil Rußlands »Rückberufung« war. <In
Deutschland rüstete man militärisch bis aufs
i »Tüpfelchen, politisch träumte man aber
noch immer von einer Verständigung mit
England, worüber man andere Gelegen»
heiten verpaßte.) Rußland, das neben dem
nationalen Antagonismus keinerlei Staat»
liehen Grund zur Feindschaft gegen Deutsch»
land hat, handelspolitisch sogar noch lange
Zeit zu ihm im Verhältnis gegenseitiger
Abhängigkeit bleiben wird <an guten Ge»
schäften liegt beiden Teilen gleichviel), Ruß»
land begriff rasch, daß diese allgemeine
Befehdung Deutschlands für seine eigenen
nahöstlichen Interessen auszunützen sei:
indem davon Deutschlands siamesischer
Zwilling Oesterreich mitbetroffen werde.
<Und natürlich auch umgekehrt.)
Sobald die slavischen Kleinstaaten ihren
großen Protektor wieder im Rücken spürten,
wurde es auf dem Balkan lebendig. Durch
Reaktion erwachte auch Oesterreichs Groß»
machtidee, die gleichfalls Balkanherrschaff
will, wurde aktiv. Serbien, das sich gegen
Habsburg zu sträuben anfing, wurde mit
dem Zollkampf des »Schweinekrieges« ge»
straff <in Wahrheit gefördert). Die jung»
türkische Verfassungsreform führte zur
Annexion Bosniens und der Herzegowina
<die sonst am Ende Abgeordnete nach
Konstantinopel gewählt und entsendet
hätten), und zur Unabhängigkeitscrklärung
Bulgariens, die in Wien als »Junctim« der
Annexion vereinbart worden sein soll. Die
Konferenz von Buchlau, wo Aehrenthal
mit seinen Annexionsabsichten Iswolski
ein wenig hinters Licht geführt hatte <ein»
ander ergänzende Darstellungen davon
gaben Friedjung in der Oesterreichischen
Rundschau und H.W. Steed in seinem Buch
»The Habsburg Monarchy«), diese Kon»
ferenz entzündete die Volksstimmung in
Rußland bis zur offenen Feindseligkeit. Der
oesterreich=russische Gegensatz belebte sich
bis zu den militärischen Drohprojekten der
Sandschak»Bahn <der »Marsch nach Salo»
niki«) und der Donau-Adria=Bahn. Zuletzt
mußte Deutschland mit seinem »freund»
schafflichen Ultimatum« Oesterreich in
Petersburg beispringen und wurde dadurch
auch der »erklärte Feind« Rußlands. Die
Konstellation der Mächte war entgültig.
Das deutsch»österreichische Bündnis,
dessen außerordentliche Innigkeit seine un»
erreichbare militärische Stärke ausmacht,
erwies sich politisch als gar zu ungelenkig,
starr, exklusiv. Der »cauchemar des coa»
litions« drückte den Zentralmächten immer
schwerer die Brust und war durch einen
etwas phantastischen Plan Aehrenthals von
einem Drei Kaiser »Bund nicht mehr zu
beschwören. Denn Rußland fühlte sich schon
zu wohl innerhalb der Entente »Politik.
Mochte es auch vorläufig scheinen, daß
Rußland nur für die Handelsrivalität Eng»
lands und die Revanchewünsche Frankreichs
gerüstet stand, Rußland wußte doch, daß
eine Zertrümmerung oder Schwächung des
Zweibundes auch die Verwirklichung seiner
Balkan» und Meerengen»Wünsche bringen
müßte, an der England allein es dann
nicht mehr verhindern könnte. Die Entente
erwies sich als ein geniales System poli»
tischer Kombination, das auch noch schein»
bar disparateste Interessen einzurahmen