G/ossen
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wissen wir, sondern um die Männlichkeit
im Strindbergischen Sinne, d. h. um den
Geist der entschlossenen Sachlichkeit und
#
um den Geist des moralischen Verant»
wortlichkeitsbewußtseins, um jenen Geist,
den man auch kurz den Geist von 1813
nennen kann. Denn das war uns doch allen
das größte Erlebnis in diesen Wochen, daß
dieses 1813 noch heute lebt. Wie rauschten
die alten Ströme wieder, die im neuen
Deutschland ganz verstummt schienen. Wie
überraschte es uns, uns auf einmal wieder
geadelt zu sehen. Nun sind schon viele
Wochen dahin und wir haben mit dem
alten Adel auch unseren alten Stolz wieder
gefunden.
Dieser Stolz wagt es, heute ohne Er«
röten zu sprechen von dem deutschen
Wesen, an dem die Welt genesen soll.. .
2. Heft. Wifßefm Worringer.
EIN ULAN.
In seinem symbolischenVolk hat Gott die
Wahrheit dieses Herbstes sichtbar gemacht.
In den Kavalleriekämpfen in Galizien
ritt auf österreichischer Seite ein polnisch»
jüdischer Ulan eine Attache mit. Als das
Melee sich entwickelte, holte der Ulan mit
einem Säbelhieb einen feindlichen Reiter
vom Pferde. Eh' dieser aber aus dem Sattel
sank, griff er hintenüber in die Luft und
rief schauerlich, langsam, in einem un»
geheueren Entzetzen die ersten Worte von
seinem und seines Feindes Glaubens»
bekenntnis: »Schema Jisroel«.
Der österreichische Ulan wurde in dem«
selben Kampf leicht verwundet. Als man
ihn auf den Hilfsplatz brachte, war er
wahnsinnig. Jetzt sitzt er stumm, mit ver»
wahrlostem Bart, blind, doch mit dem
blinden Blick des Ödipus in einem Prager
Lazarett.
3. Heft.
GEFÜHL VON EINER
VERWANDLUNG DES STAATES.
Das war die große Verwandlung: Der
Staat begann, seine Bürger zu lieben, oder
vielmehr, er hatte sie immer geliebt und
sein Dasein war, richtig aufgefaßt, nie etwas
anderes gewesen als diese Liebe, aber jetzt
erst zeigte und sagte er dies auch, und
die törichten Bürger, die ihn bisher miß«
verstanden hatten, sie liebten nun auch ihn
mit maßloser, redlicher Liebe. Der Staat
demütigte sich vor uns und wir ließen dies
nicht zu, sondern demütigten uns vor ihm.
Wir sahen einen großen Vater über uns,
voll Fürsorge und viel gescheiter und
vorausblickender als wir. Und so wurde
das neue Gesicht des Staates ein Bild er«
habenster Jugendlichkeit, es verband Klug»
heit und Liebe in sich, wie wir das vorher
noch nie an irgendeinem Menschen erlebt
hatten. Es war eben Übermenschliches über
uns gekommen,- und damit spreche ich nicht
von dem Gefühl der ganz Glücklichen, für
welche dieser Krieg ein nationaler deutscher
Krieg ist, sondern von denen, die in ihm
nur das Walten, Leiden, Siegen des bloßen
Staatsorganismus fühlen können wie wir
im vielsprachigen Österreich. Ich habe
Lemberg und Czernowitz nie gesehen und
ich werde vielleicht hundert italienische
Städte besuchen, ehe es mir einfallen wird,
nach Galizien zu reisen. Aber als man
mir Lemberg und Czernowitz nehmen
wollte, da fühlte ich an meinem Körper,
daß sie Rechtens zu mir gehören und daß
ich sie auf keinen Fall vermissen kann.
Ich verstand plötzlich alle Drangsale und
Sorgen des Staates von innen heraus,- ja
es fehlt nicht viel, so werde ich auch ver»
stehen, warum er mich früher immer so
bös anschauen mußte.
3. Heft.
Franz Werfet.
Max Brod.