Volltext: Antoine Pevsner, Georges Vantongerloo, Max Bill

einer Plastik von Brancusi ist, so stoßen wir auf Anklänge an die reale 
Umwelt, die in neuartiger und gleichzeitig ursprünglicher Weise geformt sind. 
Bei Kandinsky würden wir Begebenheiten und Gegenstände wahrnehmen, die 
uns im täglichen Leben nirgends begegnen, die aber in einer uns unbekannten 
Welt Gültigkeit haben könnten, aber eben in einer Welt, in der wir nicht 
in der Lage wären, den Gebrauchszweck zu definieren. Schließlich hat 
Mondrian den weitesten Schritt von dem weg gewagt, was vorher unter 
Kunst verstanden wurde. Seine Rhythmen, die noch Assoziationen zu tek- 
tonisch-baulichem Gestalten geben könnten, sind ohne diese Absicht entstan- 
den. Nicht umsonst heißen seine letzten Gemälde «Broadway Boogie- Woogie» 
und «Victory Boogie- Woogie», als Analogie zu den Rhythmen des Jazz. Der 
horizontal-vertikale Aufbau seiner Werke ist rein gefühlsmäßig gestaltet, bei 
aller Strenge der angewandten Ausdrucksmittel. 
Wenn man annähme, daß Mondrian die letzten Möglichkeiten der Malerei 
erreicht hätte, also wenigstens in einer Richtung ein Ende darstellen würde, 
insofern, als er möglichst viele außerkünstlerische Elemente ausgeschaltet hat, 
so bleiben zwei Wege offen für eine Weiterentwicklung: die Rückkehr zum 
Altbekannten oder das Weitergehen zu einer neuen Thematik. 
Ich möchte nicht verfehlen, mich hier auch über dieses Zurückgehen zur alten 
Thematik zu äußern, um klarzulegen, weshalb dieser Weg nicht für jeder- 
mann gangbar ist. Wir stellen fest, daß auf dem weiten Gebiet des maleri- 
schen und plastischen Ausdrucks unzählige Richtungen und Abweichungen 
bestehen, die alle mehr oder weniger unserer Zeit entspringen. Je nachdem 
was man als für die heutige Zeit charakteristisch ansieht, wechseln auch 
Malerei und Plastik ihr Gesicht. Der kirchliche Mensch hat eine andere Auf- 
fassung von dem, was Kunst ist, als der Wissenschafter; der Bauer lebt unter 
andern Bedingungen als der Industriearbeiter. Die Kultur- und Zivilisations- 
Niveaus sind verschieden. Aehnliche Unterschiede können wir bei den Künst- 
lern beobachten; auch sie entstammen verschiedenen Milieus und repräsentieren 
in ihren Werken verschiedene Sektoren des Denkens und Empfindens., 
Schließlich soll jene Auffassung nicht vergessen werden, die fordert, daß 
soziale und staatspolitische Fragen vermittels der «Kunst», wenn auch nicht 
gelöst, so doch propagiert und heroisiert werden sollen. Wir stehen solcher
	        
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