Volltext: Antoine Pevsner, Georges Vantongerloo, Max Bill

«Staatskunst», komme sie, von wo sie wolle, aus guten Gründen skeptisch 
gegenüber; und da sie «Staatskunst» ist, auch dann, wenn sie scheinbar in 
Opposition zur herrschenden Gesellschaftsordnung steht, und trotzdem in 
ihrem Un-Geist dasselbe will, so ist damit nicht im wesentlichen Kunst ge- 
meint, sondern Propaganda. Dies ist aber eine vielgeübte und vielgepriesene 
Form heutiger Malerei, die gegen jeden geistigen Fortschritt ins Feld geführt 
wird. Nach diesem Exkurs ins «Mögliche» (wenn man zurückkehren wollte 
vor das Jahr 1910) bliebe noch zu erläutern, weshalb es auch nicht besonders 
reizvoll sein kann, innerhalb dieser 40 Jahre seit 1910 stehen zu bleiben, etwa 
in der Form, daß man sich ausdrücken würde: «A la Klee», «A la Kandinsky», 
«a la Mondrian», oder, was noch öfter vorkommt: «A la Picasso», «A la 
Braque», «A la Matisse». Ein großer Teil der heutigen noch fortschrittlichen 
Produktion erschöpft sich darin, etwas «A la», in Abwandlung, zu schaffen. 
Dabei ist dieses «A la» beinahe zum Ersatz für das Echte geworden und sein 
Inhalt eine Variante des Vorhandenen. Ich glaube, daß ein solcher Zustand 
künstlerisch untragbar ist, weil man es sich auf keinem Gebiet menschlicher 
Tätigkeit gestatten kann, in der Entwicklung stillzustehen. 
Worin bestehen nun die Möglichkeiten einer Weiterentwicklung? Die wesent- 
lichsten Ausdrucksmöglichkeiten, die heute auf dem Gebiet von Malerei und 
Plastik zur Verfügung stehen, scheinen bekannt zu sein, und man darf mit 
einiger Sicherheit feststellen, daß (einige Möglichkeiten, die heute schon in 
der Luft liegen, ausgenommen) die reinen Ausdrucksmittel weitgehend frei- 
gelegt sind und von wenigen Pionieren in ihren Werken angedeutet wurden. 
Die Form also scheint vorhanden und geklärt zu sein. Die Frage bleibt 
offen, ob auch der Inhalt unverändert geblieben sei und wieweit die Elemente 
des Ausdrucks allgemeine Gültigkeit haben, oder ob sie spontane Eingebungen 
in speziellen Fällen sind. Bei gründlicher Ueberlegung gelangen wir zu der 
Einsicht, daß es sich bisher um Spezialfälle handelte und daß der große Teil 
jener Kunstwerke, die als weitgehend mathematischen Einflüssen verpflichtet 
empfunden werden, noch nicht dem entsprechen, was ich als Neues in Nach- 
stehendem zu erläutern versuchen möchte. 
Ich bin der Auffassung, daß es möglich sei, eine Kunst weitgehend auf Grund 
einer mathematischen Denkweise zu entwickeln. Gegen eine solche Auf-
	        
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