Volltext: Antoine Pevsner, Georges Vantongerloo, Max Bill

Raumes, die Ferne oder Nähe der Unendlichkeit; die Ueberraschung eines 
Raumes, der auf der einen Seite beginnt und auf der andern Seite, die gleich- 
zeitig dieselbe ist, in veränderter Form endet; die Begrenzung ohne feste 
Grenze, die Vielfalt, die dennoch eine Einheit bildet; die Gleichförmigkeit, 
die durch die Anwesenheit eines einzigen Kräfteakzentes verändert wird; das 
Kraftfeld, das aus lauter Variablen besteht; die Parallelen, die sich schneiden, 
und die Unendlichkeit, die in sich selbst zurückkehrt als Gegenwart; und da- 
neben wieder das Quadrat in seiner ganzen Festigkeit; die Gerade, die von 
keiner Relativität getrübt wird, und die Kurve, die in jedem ihrer Punkte 
eine Gerade bildet — alle diese Dinge, die scheinbar mit den täglichen Bedürf- 
nissen der Menschen nichts zu tun haben, sind dennoch von größter Trag- 
weite, Diese Kräfte, mit denen wir umgehen, sind die Grundkräfte, die jeder 
menschlichen Ordnung zugrunde liegen, die in jeder von uns erkennbaren 
Ordnung enthalten sind. 
Die Folge davon ist es, daß alle diese Dinge der heutigen Kunst einen neuen 
Inhalt geben; denn sie sind nicht Formalismus, für den man sie oft fälsch- 
licherweise anspricht; sie sind nicht nur Form als Schönheit, sondern Form 
gewordener Gedanke, Idee, Erkenntnis: also nicht auf der Oberfläche vor- 
handene Substanz, sondern Ur-Gedanke des Weltgefüges, des Verhaltens, 
entsprechend dem Bild, das wir uns heute von der Welt vorstellen können. 
Aber nicht Abbild, sondern neues System; Vermittlung elementarer Kräfte 
auf sinnlich wahrnehmbare Weise. 
Man könnte vielleicht sagen, damit sei die Kunst zu einem Zweig der 
Philosophie geworden, zu einem Teil der Darstellung der Existenz. Doch 
glaube ich eher, daß die Philosophie, als eine spezielle Form des Denkens, der 
Literatur bedarf, um sich verständlich zu machen. Das Denken selbst scheint 
noch nicht direkt in der Empfindung ausdrückbar ohne das Wort, es wäre 
denn eben vermittels der Kunst. Und deshalb nehme ich an, daß die Kunst 
das Denken vermitteln könne in einer Weise, daß es direkt wahrnehmbar ist. 
So kann ein Gedanke präzisiert werden, um direkt übertragen zu werden mit 
allen Möglichkeiten des Mißverständnisses — das auch sonst nicht ausgeschlos- 
sen ist —, aber mit dem Vorteil der Unveränderbarkeit des Gedankens. 
Und je exakter der Gedankengang sich fügt, je einheitlicher die Grundidee
	        
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