619 MARIA MIT DEM KIND UND ZWEI ENGELN
Holz 41X 60
Bergamo, Galleria dell’Accademia Carrara, Nr. 319
Gehört der Kirche S. Alessandro della Croce in Bergamo. Von Van Marle (201, XVI, S. 481)
und von Berenson (33, S. 181) unter den Werken des Künstlers aufgeführt. Jenes verfeinerte
Gefühl fürs Ornament, das der figuralen Kunst Sienas eignet, klingt, wiewohl in schon etwas
dekadenten und von umbrisch-florentinischen Einflüssen nicht freien Formen, in der archai-
sierenden Eleganz der Jungfrau nach, deren ins Olivgrüne spielende Fleischtöne sich scharf
gegen das dunkle Gold des Hintergrundes abheben.
Piero della Francesca
Maler und Perspektiv-Theoretiker, geboren zwischen 1410 und 1420 in Borgo San Se-
polcro an der Grenze zwischen Toskana und Umbrien, gestorben daselbst 1492. Er gehört
unter die bedeutendsten Persönlichkeiten der italienischen Kunst. Als Schüler und Mit-
arbeiter von Domenico Veneziano kam er mit den wesentlichsten Erfahrungen und Pro-
blemen der beginnenden Quattrocento-Kunst in Berührung. Er setzte sich mit dem Werk
Fra Angelicos und Masaccios auseinander und schloß sich besonders eng an Paolo Uccello
an. Wie dieser benutzte er die Linearperspektive, im Unterschied zu Masaccio, auch als
Konstruktionsmittel für die Körper, deren geometrisch vereinfachte Formen der Farbe
große Flächen bieten. Mit geheimen geometrischen Entsprechungen und musikalischen
Formintervallen arbeitend, ist seine Kunst ruhiger und harmonischer als die Uccellos. Die
nächtlichen Farben der gotischen Ueberlieferung weichen durchsichtig hellen Tönen, die,
in weiten Flächen ausgebreitet, in helles Morgenlicht getaucht scheinen. In den späten
Werken — nach dem großen Freskenzyklus mit der Kreuzlegende in S. Francesco zu
Arezzo — wird Pieros Malerei, was das Spiel von Licht und Farbe auf den Dingen betrifft,
unter niederländischem Einfluß noch subtiler. Auf der andern Seite führt ihn sein
geometrischer Geist zu immer strengerer architektonischer Zusammenordnung kristallklar
gebildeter Körper.
Die Kunst Pieros, des Lehrers von Signorelli, war von grundlegender Bedeutung für die
Entwicklung der venezianischen Malerei von Antonello da Messina zu Giovanni Bellini,
aber auch für die Schulen Ferraras und Mittelitaliens bis zu Raffael.
620 DER HEILIGE NIKOLAUS VON TOLENTINO
Holz 59X136
Mailand, Museo Poldi Pezzoli, Nr. 598
Teil eines aufgelösten Polyptychons, zu dem auch der Erzengel Michael der Londoner National
Gallery, der Apostel Johannes der Sammlung Frick in New York und der kürzlich von K. Clark
(157, S. 205 ff.) im Museum von Lissabon entdeckte Heilige Augustin gehörten. Es handelt
sich dabei sicher um das von Piero zwischen 1460 und 1469 gemalte Altarwerk für die Kirche
S, Agostino in Borgzo San Sepolero.
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