Bedeutende Probe der Porträt-Kunst Romaninos. Der dem Künstler eigene Ueberschwang der
Farbe erscheint hier durch den Ernst der Auffassung gezügelt und beschränkt sich auf das
feine Spiel roter und brauner Töne in der Jacke des Dargestellten. 4. Venturi (311, IX, Ab-
teilung III, S. 823) bringt das Bild in Verbindung mit dem Porträt des Herrn, der die Hand:
schuhe mit der Rechten hält, im Kunsthistorischen Museum in Wien, bei dem er auf deutschen
Einfluß hinweist.
Ausgestellt an der Ausstellung Brescianer Malerei der Renaissance in Brescia 1939 (358,
Nr. 148).
Romanino ?
748 DIE HEILIGEN FAUSTINUS UND GIOVITA IM BEGRIFF
DIE HEILIGEN KREUZE ZU ERHEBEN
Leinwand 149X 207
Brescia, Civica Pinacoteca Tosio e Martinengo
Bei dem Werk, das aus dem Palazzo del Comune von Brescia stammt, handelt es sich wahr-
scheinlich um die ehemals dort aufbewahrte Prozessionsfahne der Compagnia delle Sante Croci.,
Ueber die Zuschreibung war man sich schon in der Vergangenheit nicht einig, und auch heute
noch ist sie sehr umstritten. Nach Fiocco (344, XXX, 8. 56), dessen Ansicht von Gombösi (136,
8.21, 99) und Boselli (50, 8. 110, 111) geteilt wird, wäre es ein von Romanino beeinflußtes
Jugendwerk des Moretto. An Romanino selbst denken dagegen Venturi (311, IX, Teil ILL,
S. 841), der auf Beziehungen zu Tizian und Lotto hinweist, und Berenson (33, S. 417). Nico-
demi (227, S. 128) möchte es eher dem von alten Schriftstellern erwähnten „Alessandro bre-
seiano“ geben. Neuerdings zögert R. Longhi (188, S. 191—192) nicht, das Werk, auf dessen
hohe künstlerische Qualität und stilistische Uebereinstimmung mit Tizians Malerei zwischen
1510 und 1520 er hinweist, dem großen Meister selber zuzuschreiben.
Das Interesse des Bildes, das in nachdrücklicher, doch freier Symmetrie komponiert ist, liegt
besonders in der ausgewogenen Gegenüberstellung großer Farbkomplexe, wie etwa bei den
Dalmatiken der beiden Heiligen oder den vorzüglichen Halbfiguren der Andächtigen unten,
vor allem aber in dem erstaunlichen Detail der drei Atlas-Mitren, deren lichte Weiße wunder-
voll vor dem ruhigen Blau des Himmels steht.
Alessandro Bonvicino, genannt Il Moretto
Maler aus Brescia, geboren um 1495, gestorben 1564. Als Schüler der Floriano Ferra-
mola, ging er von der lombardischen Tradition eines Foppa aus, nicht ohne genaue
Kenntnis der venezianischen Malerei, besonders Tizians, Lottos und Romaninos, Im Be-
sitz dieser Erfahrungen gelangte er, nach tast- und greifbarer Wirklichkeit strebend, zu
einer Formensprache von gehaltenem Ernst, gleich fern von Intellektualismus wie von
Sentimentalität.
Seine groß angelegte, schmucklose Malerei, die das Licht als plastisch formgebendes
Element liebt, neigt zu intimer Religiosität. Mit Savoldo zusammen bestimmt er den
Charakter der Brescianer Malerei und bereitet in gewissem Sinn die Lichtmalerei eines
Caravaggio vor.
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