Volltext: Ausführliches Verzeichnis, Text ohne Abbildungen ([1])

Die Skulptur wurde in Madinet Madi, dem alten Gia in Fayum, von A. Vogliano von der Ar- 
chäologischen Mission der Universität Mailand ausgegraben. Sie zeigt einen Jünglingskopf 
mit Diadem. Das Nasenbein ist restauriert, die Ohrmuscheln am Rand verstümmelt. 
Der griechische Typus wird durch die Augen eines ägyyptischen Künstlers gesehen, dessen 
Stil an die Formen der saitischen Periode erinnert. Archaischer Schematismus, besonders her- 
vortretend in den Rändern der Wimpern und der Lippen, Die Haartracht ist als Kopfschmuck 
behandelt. Die zeichnerische Komposition der Haare ist die sog. „Flocken‘“-Technik der grie- 
chischen Meister des 2. Jahrhunderts v. Chr., bei denen sich auch die gleiche Stilisierung des 
Ohres findet. Das Auge hat dagegen typisch ägyptische Form, ebenso der Mund, der sich 
genau gleich in Werken der XXVI. Dynastie findet. Die schnurartig hervortretende Linie, 
welche die Haare der Augenbrauen bezeichnet, mußte durch Malerei vervollständigt werden 
wie die übrigen farbigen Teile. Es handelt sich um ein elegantes Werk des griechisch-ägypti- 
schen Manierismus. 
Albizzati (8, 8. 79), der Vergleiche mit Bildnissen der Glypothek Ny Carlsberg bringt, neigt 
dazu, in unserm Exemplar das Fragment der Statue eines Königs der mazedonischen Dynastie 
zu erkennen, zu dem auch das Diadem als Attribut passen würde, und denkt an die Ptolemäer 
des 2, Jahrhunderts v. Chr. Aber die nach einem konventionellen Typus mit charakteristischer 
Unbeweglichkeit idealisierten Gesichtszüge lassen den ikonographischen Wert ziemlich proble- 
matisch erscheinen. 
Hellenistisch, 2. Jahrhundert v. Chr. 
11 HELLENISTISCHER KOPF DES BACCHUSKNABEN 
Bronze, Höhe 17 
Mailand, Sammlung Senator Mario Crespi 
Die lebensgroße Bronze ist ein Teil einer Statue, aber für sich gegossen: die Verbindungs- 
stelle am Hals, deren Umriß ursprünglich erscheint, ist in der antiken Technik gebräuchlich. 
Die Patina ist dunkel; der Guß wurde zuletzt noch mit dem Meißel bearbeitet, was besonders 
in der Haarbehandlung sichtbar ist; die Augen waren eingesetzt. Die Haare sind zusammen 
mit dem Hals abgeschnitten, aber sie scheinen nicht viel weiter hinunter gereicht zu haben. 
Auf dem Nacken und über der Stirn sind Fragmente der Stiele eines Blätterkranzes haften 
geblieben, der separat gearbeitet und als Ergänzung beigefügt worden war. 
Das Näschen ist leicht aufgestülpt, fein geschnittene, launisch verzogene Lippen, ziemlich 
breiter Schädel, der das Antlitz dreieckig hervortreten läßt. Der Knabe ist 5—6 Jahre alt, 
das Geschlecht ist in dem kindlichen Gesicht kaum erkennbar, nur die Attribute lassen darauf 
schließen: Stirnbinde (Taenia) und Laubgewinde. Das Band zeigt den sakralen Charakter der 
Figur, die Zweige, die in der Form Efeuranken entsprechen, erlauben es, ein Bildnis des 
Bacchus zu erkennen, der so oft als Götterknabe abgebildet wurde. Diese Art der Charakteri- 
sierung eines Kindertypus ist jener Kunst eigen, die als hellenistisches Rokoko bezeichnet 
wird und von Klein so eingehend studiert worden ist. 
Albizzati (8. S. 78), der die schöne Bronze bestimmt und studiert hat, zog zum Vergleich die 
beiden kindlichen Satyrn von Boston, den Bronzekopf eines jungen Satyrn in der Münchner 
Glyptothek und andere Beispiele aus dem großen Gebiet der eklektisch-hellenistischen Kunst 
heran, für die uns oft objektive Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Die Bronze kann wohl zwi- 
schen 200 und 150 v. Chr. datiert werden. 
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