Oströmisch, 5./6. Jahrhundert n. Chr.
57 SOGENANNTES DIPTYCHON DES DICHTERS UND DER MUSE
Elfenbein, 12,5 X 34
Monza, Basilica di S. Giovanni Battista
Ein reicher Portikus mit gewundenen Säulen, verziertem Gebälk und darauf gestütztem Bogen
mit Muscheln in den Giebeln faßt die zwei Tafeln zu einer einzigen Komposition zusammen, in
der eine stehende Muse, mit Diadem und Blumen geschmückt, eine auf ein Säulchen gestützte
Leier mit dem Plektrum schlägt. Sie wendet sich einem Mann von athletischem Körperbau zu,
der halbnackt, kahlköpfig auf einem niedern Hocker mit Kissen sitzt. Seine Rechte hält nach-
lässig eine Schriftrolle, eine andere und ein Codex sind halbgeöffnet zu seinen Füßen: eine
Stellung natürlicher Gelöstheit. Besonders der Kopf trägt die lebhafte Charakterisierung eines
individuellen Porträts. Daher Ennius, Boethius, Claudianus, Ansonius zugeschrieben, aber alles
aus der Luft gegriffene Mutmaßungen, die absurde Untersuchungen veranlaßten.
Von raffinierter Arbeit und vorzüglich erhalten, hält das Diptychon dem Vergleich mit den
besten der Zeit stand, ohne jedoch die Flüssigkeit der Bearbeitung und die Eleganz des
Diptychon der Nieomachi und Symmachi zu erreichen, mit denen es verglichen wurde. Volbach
(325, Nr. 28) hebt die Aehnlichkeit der Architektur mit der gleichzeitigen des Ostens hervor.
Wulff (338, I, 190) setzt es in den Kreis der Alexandrinischen Kunst.
Mit der Schenkung Berengars I. in den Domschatz gekommen.
Ausgestellt an der Ausstellung Italienischer Kunst in London 1930 (345, Nr. 718) und an der
Ambrosiana-Ausstellung in Luzern 1946 (Kat. Nr. 213).
Römisch, Anfang 6. Jahrhundert n. Chr.
58 ANONYMES KONSULAR-DIPTYCHON
Elfenhein, 36,5 X 14
Monza, Basilica di S. Giovanni Battista
Auf der vorderen Tafel steht der Konsul in Triumphalornat mit Mappa und Zepter, welches
in einem K'euz endet; er trägt tonsurartige Frisur, Auf dem Gebälk folgende Inschrift in
Relief: SCS GREGOR. Zwischen der Muschel und dem Kopf des Konsuls: + GREGORIUS
PSUL MERITIS ET NOMINE DIGNUS UNDE GENUS DUCIT SUMMUM CONSCENDIT
HONOREM. Auf der hinteren Tafel unter einer gleichen Architektur derselbe Konsul auf der
sella eurulis, Auf dem Architrav die Inschrift: DAVID REX.
Dieses Diptychan, welches, wie der Kopftypus, die Haartracht der hinteren Tafel und die
Trabea zeigen, aus dem Anfang des 6. Jahrhunderts stammt, wurde ungefähr um 900 über-
arbeitet, um es liturgischen Zwecken dienstbar zu machen (Einband eines Graduale des Heiligen
Gregor?). Gori (137, II, S. 201—218) bewies dies schon 1759, und nach ihm Martigny (202,
8. 255), Molinier (209, Nr. 44), Sybel (304, IT, S. 236), Goldschmidt (133, I, Nr. 168), Volbach
(325, Nr. 15) und Delbrueck (®1, Nr. 43). Man versteht nicht, warum Pulsky (262, 8.23),
Meyer (206, Nr. 37), Block (in Darenberg und Saglio, ad vocem) behaupten, daß sowohl der
hebräische König, als auch der Papst der katholischen Kirche, von Anfang an durch das Bild
eines Konsuls dargestellt werden sollten, während sie doch gegebenenfalls besser in Gestalt
eines Kuisers und eines Bischofs abgebildet worden wären.
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