Volltext: Bildende Kunst in Zürich im Zeitalter von Heinrich Pestalozzi

„die Drang und Not den Vätern gleich gebildet; wie in den 
Tagen, in denen der Hochmut lachte und die Demut weinte”. 
Vielleicht hat dieser Aufruf den jungen Maler bestärkt im 
Plane, für seine Bilder vaterländische Motive zu wählen. 
Pestalozzi war vom erzieherischen Eros so sehr erfüllt, daß 
er auch die Kunst in den Dienst seiner Bildungsbestrebungen 
zu nehmen wünschte. Sein Glülphli, der die neue Schule in 
Bonnal einrichtet, hängt vor seinem Sitz einen schönen 
Kupferstich auf, der einen alten Mann mit langem weißem 
Bart, gerunzelter Stirn und großen, offenen Augen dar- 
stellt. Er soll ihm — mit seinem erhobenen Zeigefinger — 
Mahner sein. 
Ein sentimentales Zeitalter und die Not seines Volkes 
haben Pestalozzi zum Gegner alles Schwärmerischen werden 
lassen: „Ich bin kein Veilchentändler und lobe nichts weniger, 
als daß der Mensch vor Blumen schmelze und ob Mücken 
weine. Sie sind vorbei, die Tage meiner Tränen, und ich habe 
erfahren, daß der Mensch, der ob Blumen schmilzt, sein Brot 
nicht gern im Schweihe des Angesichts ist.” Wo die Kunst 
in den Dienst der Erziehung genommen wird, soll sie nach 
Pestalozzis Ansicht helfen, ein starkes Geschlecht heranzu- 
bilden, 
Fühßli und Pestalozzi wenden sich von aller Natur- 
schwärmerei ab; mehr und mehr interessiert sie — jeden 
nach seiner Art — die Deutung des menschlichen Wesens 
mit seinen innern Spannungen und seiner Tragik. 
Zürich vermag keinen von beiden zu halten. Füßli hat 
schon um 1765 sich von seinen Freunden verabschiedet: 
„Land, o dem ich entfloh! Bande, die ich zerriß! Freunde, 
kaum mehr beweint! Eilt ich von Euch nicht so? 
Spiele, brause, mein Tag; für euch verloren treibt er der 
Ewigkeit Meer mich zu!” 
Aus seiner materiellen Not heraus hat Heinrich Pestalozzi 
nur langsam den Weg zur Kunst gefunden. Der Basler Iselin 
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