Volltext: Katsushika Hokusai - 1760 - 1849

in diesem Bilde z. B. Himmel und Wasser durch eine Li- 
nie, welche die beiden Bildflächen eindeutig zur Yın-Yang- 
Figur formen. An Stelle des weißen Poles im dunkeln Him- 
mel setzt er den Fuji. So ist jedem Asiaten sofort einleuch- 
tend, daß dem Bilde tiefere Bedeutung zukommt und daß 
es um das Leben selbst geht. Daß wir auch ohne Symbolik 
in die Tiefe dieses gewaltigen Bildwerkes eindringen kön- 
nen, scheint mir Fritz Burger in seiner Einführung in die 
Probleme der Malerei der Gegenwart sehr schön zu sagen: 
«Hoch bäumt sich die Welle in mächtigen Linien empor, der 
Schaumkamm bildet phantastische Formen, wie Fangarme und Kral- 
len, die gierig nach unten drängen, um über die noch schäumende, ge- 
stürzte herzufallen und dasselbe Schicksal der Vernichtung zu er- 
leiden. Über den Toten der Triumph des Lebens und das Leben ver- 
fallend dem Tod. Der große Rhythmus alles Geschehens beschäftigt 
den Japaner ebenso wie Cezanne, Die gestürzte Woge selbst, aus den 
horizontalen Konturen sich entwickelnd, enthält bereits in allgemeinen 
Zügen die Silhouetten der großen Welle darüber. Man mag die tief- 
sinnige Symbolik dieser Schöpfung noch so hoch einschätzen, in erster 
Linie ist es doch die wunderbar scharfsinnige Präzision in dem sinn- 
lichen Aufbau, die den künstlerischen Wert ausmacht; in der Unfehl- 
barkeit dieses Rechnens liegt der Reiz und Wert des Bildes. Denn die 
sinnliche Einheit schließt auch die geistige in sich, diese wird nur durch 
jene sichtbar. Nicht darauf kommt es an, was man ın dem Bild deuten 
soll, sondern was man in ihm von sinnlichen Zusammenhängen er- 
kennen kann. Die Handlung des Bildes ist hier dem formalen im- 
manent.» 
Stellten die japanischen Meister den Menschen als Li- 
nienkomplex in den Vordergrund und ordneten die Land- 
schaft diesem zu, so ordnet nun Hokusai umgekehrt den 
Menschen als Teil der Natur in das harmonische Linien- 
gebäude der Landschaft ein, ja auf einigen Fujibildern läßt 
er sogar die Natur ganz allein sprechen. 
Ein Bild, wie etwa der Fuji bei schönem Wetter, ist nur 
noch ein einziger leuchtender Farbenakkord, so sonor und 
tief, wie ihn kein europäischer Künstler je gefunden hat. 
Finden Sie nicht auch, daß man ob solchen großartigen 
Darstellungen ganz vergißt, daß es nur Drucke in der 
Größe einer Buchseite sind? Nach den Fujibildern erschie- 
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