Volltext: Gedächtnis-Ausstellung Hans Sturzenegger - 1875 - 1943

plötzlich wie von Eisen umklammert wurde. Ebenso fand er an 
jedem, gegen den sich eine Anklage erhob oder erheben wollte, 
stets einen Punkt, an dem er ihn verteidigen konnte, und nie- 
mals habe ich ihn schimpfen gehört. Verletzenden Ausdrücken 
ging er aus dem Weg, und vollkommen fern lag ihm jede Form 
von Feindseligkeit, Ränkesucht und Gehässigkeit. Aber wenn 
er sich in einer Sache eine Meinung gebildet hatte, einerlei, ob 
es um einen Menschen, eine Angelegenheit des öffentlichen 
Lebens oder um eine Kunstfrage ging, so vertrat er sie unter 
Einsatz seiner ganzen Persönlichkeit. Er wiederholte die ein- 
mal gebildete Auffassung oft, und es gab nichts, was sie er- 
schüttern konnte. 
Denn sein erstes und wichtigstes Anliegen war, vor sich 
selbst zu bestehen. Diesem Anliegen hat er, auch als Maler, 
alles zum Opfer gebracht. Man lasse sich darüber nicht durch 
die Tatsache täuschen, daß vieles, was die Kunst erzeugte oder 
erzeugt, vor seinem Urteil schon Gnade fand, sobald er ein ehr- 
liches Ringen hinter der Hervorbringung spürte. Sich selbst hat 
er mit viel anspruchsvollerem Maßstab gemessen. Die Folge 
ist, daß er sich selbst nicht nur der unerbittlichste Richter war, 
sondern daß er, besonders in mit Selbstkritik überbeladenen 
Stunden, jene Künstler beinahe beneiden konnte, die mit allem 
nur spielten. Trotzdem hätte er nie mit einem von ihnen ge- 
tauscht. 
Infolge dieser Unbeugsamkeit und Lauterkeit seines Cha- 
rakters war auch seine Freundschaft eine beständige Quelle 
der Kraft für jeden, dem er sie schenkte. Ein Besuch im gast- 
lichen Belair war für mich immer ein Fest. Auch ein gemein- 
samer Aufenthalt in Paris, eine Malreise mit ihm in die Pro- 
vence mit längeren Aufenthalten in Avignon, Arles und Sanary- 
Regnier und ein gemeinsamer Ferienaufenthalt in dem von ihm 
öfter besuchten Altenrhein werden mir unvergeßlich in Erinne- 
rung bleiben. 
Gar kein Problem war für ihn sein Verhalten gegenüber 
der Oeffentlichkeit. Er kannte die Willkür ihrer Meinungs- 
bildungen, besonders in Angelegenheiten der Kunst und der 
Qualität, und er hätte sich daher von Ausstellungen am liebsten 
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