Volltext: Moderne Ungarische Kunst 1944

fühlten, daß mit dem Impressionismus, der den Schein der 
Wirklichkeit vorzutäuschen trachtete, abgerechnet werden 
muß, und wandten sich daher der leidenschaftlicheren Steige- 
rung von Inhalt und Form oder aber dem Märchenhaften 
zu. Auch der Geist der im verlorenen Kriege tragisch hinter- 
gangenen, auf sich selbst vertrauenden Nation begünstigte 
diesen Verlauf. Um diese Zeit fühlten die Ungarn am stärk- 
sten, wie allein und auf sich selbst verlassen sie in Europa 
leben, beschworen also wieder die kennzeichnenden Lebens- 
formen der großen Vergangenheit herauf. Die etwas melan- 
cholische Ausgelassenheit, mit der der Ungar Leid und Schmerz 
der Nation vergessen möchte, das herrschaftlich-vornehme 
Landleben und die Betyärenromantik kommen in den ab- 
getönten, von lebendigen, weißen Flecken durchzuckten Male- 
reien Julius Rudnays zum Ausdruck. Es scheint uns, als 
klängen aus seinen Bildern, die Weisen des alten Zigeuners 
aus dem Gedicht des großen ungarischen Dichters Michael 
Vörösmarty, der da sagt: „...die Welt dreht sich in ihrem 
bitteren Saft...‘ Tiefer ungarisch hat noch kein einziger 
Maler das Pulsen des fieberkranken Blutes der Nation erfühlt. 
Auch Rudnay ist nicht nur Maler wie Munkäcsy, die Seele 
der Nation träumt in seinen Werken ihre bedrückenden, 
leidenschaftlichen, trotzigen Träume. All dies aber mit den 
malerischesten Mitteln, mit dem samtweichen Klingen der 
dunklen Farben und dem Irrlichten der weißen Flecke. Nur 
in den grün gehaltenen Landschaften scheint seine Phantasie 
ein wenig zu ruhen, als erginge sich seine versöhnte Seele auf 
dem grünen Rasen der erträumten elyseischen Gefilde des 
uralten ungarischen Bodens. 
In dem glühenden Rot, dem saftigen Grün, dem Vollblau 
und leuchtenden Weiß Josef Kosztaslodert auch eine romantische 
Seele, Durch eigene Kraft, von niemandem getrieben, unbehel- 
ligt erhob er sich über den Naturalismus empor, und seine 
Bilder muten uns an, als wären es die Lieder einer mann- 
haften Seele, auf einem Violoncell gespielt. Es bleibt sich 
gleich, ob er Landschaften malt oder figürliche Kompositionen, 
immer ist es die gleiche, vollblütige Leidenschaft, die in dem 
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