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Was ist Surrealismus?
„Le mot dälit n’a, en general, pas ete compris“
Paul Eluard.
Als letzter Aberglaube, als trauriges Reststück des
Schöpfungsmythus blieb dem westlichen Kulturkreis das
Märchen vom Schöpfertum des Künstlers. Es gehört
zu den ersten revolutionären Akten des Surrealismus,
diesen Mythus mit sachlichen Mitteln und in schärfster
Form attakiert und wohl auf immer vernichtet zu haben,
indem er auf die rein passive Rolle des „Autors“
im Mechanismus der poetischen Inspiration mit allem
Nachdruck bestand und jede „aktive“ Kontrolle durch
Vernunft, Moral oder ästhetische Erwägungen als in
spirationswidrig entlarvte. Als Zuschauer kann er der
Entstehung des Werkes beiwohnen und seine Entwick
lungsphasen mit Gleichgültigkeit oder Leidenschaft ver
folgen. Wie der Dichter seinen automatischen Denk
vorgängen lauscht und sie notiert, so projiziert der
Maler auf Papier oder Leinwand, was ihm seine optische
Eingebungskraft eingibt.
Aus ists natürlich mit der alten Auffassung vom
„Talent“, aus auch mit der Heldenverhimmelung und
mit der für Bewunderungslüsterne willkommenen Sage
von der „Fruchtbarkeit“ des Künstlers, welcher heute
drei Eier legt, morgen eines, am Sonntag keines. Da
jeder „normale“ Mensch (und nicht nur der „Künstler“)
bekanntlich im Unterbewusstsein einen unerschöpflichen
Vorrat an vergrabenen Bildern trägt, ist es Sache des
Muts oder befreiender Verfahren (wie der „ecriture