Behrens in Berlin. Von Chaux-de-Fonds aus erteilt ihm L’Epplatenier den Auf-
trag, die deutsche Kunstgewerbebewegung zu studieren. Corbusier nimmt
Fühlung mit allen produktiven Kräften.
Paris war in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts der Zentralpunkt
für zwei Gebiete, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben: Konstruktion
und Malerei.
Kein Land hatte in den vorangegangenen fünf Jahrzehnten eine so kühne
Tradition auf diesen Gebieten geschaffen, wie Frankreich.
Auf konstruktivem Gebiet erfolgte die Entwicklung ohne Hemmungen,
denn sie lag fernab der öffentlichen Meinung.
Auf dem Gebiet der Malerei von Manet bis Cezanne und über ihn hinaus
bis zu den Kubisten vollzog sich die Entwicklung gegen die öffentliche Mei-
nung: Publikum, Behörden und Kritik; Instanzen, die leider immer erst Jahr-
zehnte später begriffen, worum es ging. Jeder Künstler, der die zerstörte Einheit
zwischen Leben und Kunst wieder herstellen wollte, verfiel selbstverständlich
der Verfehmung. Aber die Früchte seiner Arbeit waren trotzdem nicht zu unter-
drücken.
Als Corbusier nach Paris kam, 1908, da begann in der Malerei die kubi-
stische Entwicklung, die die Grundlage für alles folgende bildet. Corbusier
hatte die Chance, am Ort selbst zu leben, in dem diese Entwicklung sich vollzog
und so Phase um Phase entstehen zu sehen. Das war ein ungeheures Plus.
Auf zwei Grundpfeilern beruht die neue Architektur, auf einer neuen
Erfassung der Welt, die optisch im Kubismus ihren ersten Ausdruck fand und
auf neuen Konstruktionsmöglichkeiten: Eisen und Eisenbeton.
Zu diesen Gegenwartselementen kommt für Corbusier noch ein drittes: die
Vergangenheit. Ohne sie ist sein Werk nicht zu verstehen.
Fast ohne Mittel durchreist er (1911) Italien, Griechenland, den nahen
Orient. Alles überragend bleiben davon zurück: die Lehre des Parthenon und
die selbstverständlich gewachsenen Häuser der Mittelmeerkultur.
Die Kriegsjahre verbringt Corbusier, um sich über Wasser zu halten, teils
in sehr nüchterner Tätigkeit, fernab von Malerei und Architektur.
1918 führt ihn sein früherer Lehrmeister Auguste Perret mit dem Maler
Amedee Ozenfant zusammen. Es entsteht — wie ein Jahrzehnt früher
zwischen Braque und Picasso — eine Ateliergemeinschaft, aus der der «Puris-
mus> hervorgeht.
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