Volltext: Oesterreichische Kunst, Gotik, Barock, Biedermeier

Werken der Kleinplastik möglich. Unter den Malern ist 
der eigenartigste und bedeutendste Maulpertsch, ein 
Mystiker in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, von 
tiefsten seelischen Spannungen erfüllt, die restlos in reinen 
Mitteln der Malerei gelöst sind. 
Das Barock entsprach so sehr dem Empfinden des öster- 
reichischen Volkes, daß es sich, zumal auf dem Lande, bis 
in den Anfang des 19. Jahrhunderts hinein hielt. Rokoko 
als Stil gibt es in Oesterreich nur auf dem Gebiete des 
Kunstgewerbes. Nach dem kurzen Zwischenspiel des 
Klassizismus, dessen Hauptvertreter Füger ist, das nur 
den Zweck zu haben scheint, die seelische Loslösung von 
dem letzten Ausschwingen des Barocks zu ermöglichen, 
erfolgt unmittelbar der Uebergang zu dem Naturalismus 
des 19. Jahrhunderts. 
Die Welt hatte sich gewaltig geändert. Oesterreich war 
nach den langen Kriegsjahren der napoleonischen Aera 
sparsam und bürgerlich geworden. Monumentale Auf- 
gaben gab es auf lange Zeit hinaus nicht mehr. Archi- 
tektur und Skulptur traten in den Hintergrund. Auch 
die Malerei mußte sich mit dem begnügen, was im 
Rahmen eines gut bürgerlichen Haushalts zu brauchen 
war: das Porträt, die Landschaft, das Genrebild wurden 
ähnlich wie während der bürgerlichen Kunstepoche Hol- 
lands im 17. Jahrhundert ihre hauptsächlichsten Gat- 
tungen. War der große Wurf von einst verloren gegangen, 
so war doch etwas sehr Kostbares neu gewonnen: ein 
intimes Verhältnis zur Natur, auch in ıhren kleinsten 
Ausschnitten, das nichts Problematisches, sondern etwas 
freudig Bejahendes an sich hatte. Es ist, als ob nach den 
furchtbaren Stürmen, die über Europa seit der Französi- 
schen Revolution dahingebraust waren und die die Geister 
zu tiefst erregt hatten, nun eine Entspannung eingetreten 
wäre. Die Blütezeit dieser bürgerlichen naturalistischen 
Wiener Kunst fällt in die dreißiger und vierziger Jahre. 
Ihr Hauptvertreter ist Waldmüller. Er ragt über die 
anderen nicht bloß durch sein malerisches Können hervor, 
sondern auch durch seine sittliche Persönlichkeit. Er war 
von fanatischer Wahrheitsliebe. Er malte die Natur, wie 
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