Volltext: Japanische Holzschnitt-Triptychen der Utagawa-Schule

Gattinnen und Freundinnen, mit einer feinen gesellschaftlichen und geisti- 
gen Kultur, die in Form von Empfänglichkeit für Dichtkunst, Musik und 
die Schönheiten der Natur, wie Mondschein, Blumen, ruhende und bewegte 
Landschaft, bald auch Eigentum der breiteren Massen wurde; zur Atmo- 
sphäre der Teehausmädchen, und zum bunten Leben des geschäftigen 
Volkes in seiner Häuslichkeit und in der freien Luft bei Arbeit und Ver- 
gnügen. 
Die Bilder sind Illustrationen derartiger literarisch oder durch allgemeinen 
Brauch geprägter Stoffe und müssen vorerst von dieser Seite her ‚gelesen‘ 
werden. Ihr Inhalt ist die präzise Darstellung bestimmter Vorwürfe mit 
allen ihren wichtigen und eher nebensächlichen Bestandteilen. Sie müssen, 
wenigstens im Anfang, aus der Nähe und im einzelnen betrachtet werden, 
nur über das gewissenhafte Buchstabieren der Zeichen für die Teile geht der 
Weg zur Erschließung und Rundung des Ganzen. So ist (zeitlich) vor der 
Gesamtwirkung des Bildes etwa das einzelne Kleidungsstück wichtig, das 
stets wieder verschieden ist je nach der Aufgabe, die ihm zur standes- 
mäßigen Charakterisierung seines Trägers auferlegt ist, und es stufen sich 
die Gewänder vom einfach ruhigen Fluß der Linien zu neckischem Staccato 
der lebhaften Muster, bis zu flammender Pracht. Wichtig ist jeder einzelne 
Gebrauchsgegenstand, die Schale oder Vase in Porzellan, die Schachtel in 
prunkvoller Lackmalerei, die schlanke Tabakpfeife mit dem zugehörigen 
Gerät, die vertieften Metallgriffe an den Schiebewänden, das Arbeitsbesteck 
einer Malerin, Eß- und Küchengeräte, die sauber abgestutzten Enden der 
Strohbünde an den Bambushecken und -Geländern, die Flächen und 
Fugen der hochschnäbeligen Hausboote und der leichten Mietjollen, die 
gerippten Laternen; wichtig ein jeder der gefährlichen Plagegeister in einem 
Bild wie der „„Edelsteinsucherin‘‘; die Tiere überhaupt: spielende und sich 
balgende Hunde, Wildgänse auf nächtlichem Flug oder auf der Weide, 
die kleinen Austerntaucher auf dem Wasser, krakelige Fledermäuse, der 
eilige Kuckuck, Schwalben im Flug oder an ein Schriftband geklammert, 
Fische und andere Meeresgeschöpfe im Wasser und auf dem Trockenen, 
schwänzelnde Kaulquappen. 
Ausdrucksvoll eindeutig ist der Gestus der Erwachsenen und der meist 
überaus munteren Kinder. Er erwahrt sich in der schauspielermäßigen 
Drastik der Krieger, in der Gemessenheit und Ruhe der hohen Herren und 
Damen aus dem Daimyo-Stand, den gesuchten Posen der aufgeputzten 
Kurtisanen, dem trippelnden Huschen der Geishas-Nachtfalter, im un- 
gezwungen natürlichen Gehaben der einfachen Leute, im anonymen Ge- 
wimmel der Frauenbäder und der frohen Menge am Strand. Die Land- 
schaften leben, für sich genommen, meistens durch eine stille Weite, die 
wir durchmessen und umspannen, wenn wir dem Blick derjenigen folgen, 
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