und heißt für jeden Künstler einzig das persönliche Talent als Er- 
gebnis seiner eigenen Inspiration und seiner eigenen Studien über die 
Tradition. Die Malerei ist eine durchaus konkrete Kunst, und kann 
nur in der Darstellung von wirklichen, greifbar vorhandenen Dingen 
bestehen. Sie ist eine sinnliche Sprache, die als Worte alle sichtbaren 
Dinge verwendet; eine abstrakte, nicht sichtbare Sache ist keine An- 
gelegenheit der Malerei. Die Phantasie in der Kunst besteht darin, den 
möglichst vollständigen Ausdruck für eine sichtbare Sache zu finden, 
aber nie diese Sache vorzuspiegeln oder selbst zu schaffen. Das Schöne 
ist in der Natur und findet sich in der Wirklichkeit in den verschie- 
densten Erscheinungsformen. Sowie man es dort entdeckt, gehört es 
der Kunst, vielmehr dem Künstler, der es dort zu sehen versteht. 
Das Schöne, wie es die Natur bietet, ist allen herkömmlichen Formu- 
if rungen der Künstler überlegen. Es kann keine Schulen geben, nur 
Maler; die Schulen können sich nur analytisch mit Kunst beschäftigen, 
keine vermöchte wirklich zur Synthese zu führen. In der Malerei kann 
nicht, ohne daß sie das Natürliche verliert, eine einzige Seite der 
Kunst, das Zeichnen, die Farbe, die Komposition oder irgend ein 
anderes der so mannigfaltigen Mittel überwiegen, deren Gesamtheit 
allein diese Kunst ausmacht. Jede Zeit kann nur durch ihre Künstler, 
die in ihr leben, wiedergegeben werden. Die Künstler einer be- 
stimmten Zeit sind in keiner Weise befähigt, Dinge einer voraus- 
gegangenen oder kommenden Zeit wiederzugeben, Vergangenheit 
oder Zukunft zu malen; in diesem Sinn verneine ich die historische 
Kunst für die Vergangenheit; Geschichtsmalerei ist nur als zeitgenös- 
sische Malerei möglich. 
Der Vicomte Louis-Gabriel-Ambroise de Bonald (1754—1840) ist 
ein Kämpfer für Gottesgnadentum und Allmacht der Katholischen 
Kirche im Staat, gegen die liberale Staatsauffassung mit Presse- und 
Glaubensfreiheit. Während der Schulzeit von Courbet behandelt einer 
der geistlichen Lehrer des Petit S&minaire in Ornans einige Thesen 
aus dem vielbändigen Lebenswerk des Vicomte, im besondern die 
Sätze: „Ein Mensch kann von Kunst nur begreifen und selber her- 
vorbringen, was seiner eigenen Natur entspricht; die Kunst muß dem- 
nach als Ausdruck von bestimmten Empfindungen der Gesellschaft 
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