Volltext: Gedächtnisausstellung Otto Meyer

wächst, sie irgendwie lebendig-bewusst nach aussen dar- 
stellen, so würde er ein Religiöses darstellen, ein Heiliges, 
Göttliches — Götter.“ 
Sein Aeusseres, scheinbar bäuerlich und ungelenk, 
wurde überstrahlt und verschönt, sobald sein gütig for- 
schender, freundschaftlich werbender Blick einen Menschen 
umfasste. Freundschaft an Dingen und Geschöpfen, Dienen 
am Geist schien Inhalt und Ziel dieses Lebens, und Leh- 
ren als Helfen. Ueberzeugt vom Bestehen und der Not- 
wendigkeit einer wie künstlerischen so auch sittlichen 
Ordnung und Gemeinschaft, fühlte er sich als Kämpfer 
für sie berufen und verpflichtet in allem, was er tat. 
Grundlegend mag hier die Jugendzeit im Waisenhaus 
gewesen sein, das Zusammensein mit Kindern und jungen 
Menschen unter der Führung eines jedenfalls sehr über- 
legenen und gütigen Leiters und mit Rücksichtnahme von 
einem zum andern unter einem höheren Gedanken. Wie 
ihm das Waisenhaus fürs Leben die ständige Gegenwart 
des Alten und Neuen Testamentes mitgegeben hatte, so 
weitete er sich selber zur Vertrautheit mit allen guten 
und grossen Geistern, Goethe, Schiller, Shakespeare, 
Cezanne, van Gogh, und war für jedes Kind und jeden 
des Vertrauens würdigen Erwachsenen anregender und 
wohlgesinnter Genosse. Er war einer der wenigen Glück- 
lichen, die zuversichtlich und bewusst die Einheit von 
Leben und Aufgabe erstreben und nahezu erreichen. 
Die uneingeschränkte Hingabe an die höchste innerste 
Pflicht gab ihm Herzensheiterkeit und Würde zugleich. 
Er wusste, wofür er lebte und dass sein Ziel jenseits 
persönlicher irdischher Wünsche und Begrenztheit nicht 
nur das seine war. 
Das im Katalog reproduzierte Selbstbildnis gibt sein 
von der Kraft des Gedankens erhöhtes Antlitz schon von 
Krankheit und Todesbereitschaft gesiegelt. Die durch Otto 
Kappeler abgenommene Maske zeigt ihn noch weiter von 
uns entrückt. W. 
Q
	        
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