Volltext: Italienische Buchillustration

mann, p. 120- 125; Kristeller, Kupferstich, p. 140-42; Pollard, Catal. 
Perrins, 139; De Marinis, Livres ä figures italiens, N. 50. 
Der «Polifilo» gilt mit Recht als das schönste illustrierte Buch, nicht nur der 
italienischen Renaissance, sondern überhaupt aller Länder und Epochen. Nie 
wieder sind eine solche Vollkommenheit und Harmonie in der Komposition des 
Satzspiegels erzielt worden. Die wundervollen, linear gehaltenen Holzschnitte 
sind mit ungewöhnlicher Feinfühligkeit dem Satzbild eingefügt und sind mit 
einer Sicherheit und Eleganz gezeichnet, die an Mantegna oder Raphael denken 
lassen. Die Zeichnungen wurden zuerst Giovanni Bellini, dann aberjacopo de’ 
Barbari zugeschrieben, der im Iahr 1499 in Venedig arbeitete. Eine Initiale «b» 
befindet sich auf einer der Zeichnungen. 
Textlich ist das Werk eines der eigentümlichsten und interessantesten Produkte 
des XV. Jahrhunderts, sei es der bizarren Sprache halber, die gespickt ist mit 
exotischen und dialektischen Wörtern, sei es was den Inhalt selber anbetrifft. 
Autor ist ein gewisser Francesco Colonna; sein Name ergibt sich aus dem Akro 
stichon: «Poliani Frater Franciscus Columna Peramavit» (zusammengesetzt 
aus den Initialen der Kapitel); er schrieb das Buch in Jahr 1467. Den realen Kern 
bildet die Liebe des Polifilo (Francesco Colonna) zu einer Jungfrau, Lucrezia Lelio 
aus Treviso, welche während der Pest von 1462 das Gelübde tat Nonne zu werden, 
dann aber mit dem Dichter aus dem Kloster floh. Diese wirkliche Liebesgeschichte 
stellt aber nur eine kurze Episode im zweiten Teiles des Buches dar und lässt 
sich nur mit einiger Schwierigkeit aus dem umgebenden Text herausschälen. Der 
Hauptteil, d. h. das erste Buch, wird von einer grosszügig angelegten Allegorie 
gebildet, die mannigfache Erklärungen und Deutungen erfahren hat. Einige 
Kommentatoren sehen im «Traumbuch» ein geschichtliches Werk, andere suchen 
hinter dem Schleier der Mythologie das Geheimmis des Steins der Weisen zu 
entdecken; wieder andere deuten das Werk als eine Satire der christlichen Re 
ligion. Vergleiche mit Salomon’s Hohenlied wurden gezogen und unter sinnlichen 
Bildern glaubte man den religiösen Kern zu finden; B6roald de Berville gab im 
Jahre 1600 eine kabalistische Deutung des Traumes, und D’Orcet schrieb im Jahr 
1881 einen historischen Kommentar, in welchem er sich der verstecktesten heral 
dischen und freimaurerischen Symbole bediente; Popelin und Ephrussi endlich 
glauben der Dichter habe eine Art Enzyklopädie des Wissens seiner Zeit schreiben 
wollen. Wie dem auch sei, die «Hypnerotomachia» ist das grösste phantastische 
Werk des XV. Jahrhunderts, das Buch, welches am besten die philosophischen 
Strömungen, den humanistischen Geschmack und den sinnlichen Zug seiner Zeit 
zu einem harmonischen Ganzen verschmelzt. Der «Polifilo» ist seit Dante’s Gött
	        
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