8
Die zwölf Platten der «Legenden», meist in gestrecktem Breit
format bildmäßig komponiert, mögen vorerst äußerlich die Er
innerung an die «Tragikomödien» wecken. Sie sind aber in jedem
Sinne freier, von übernommenen Formeln entbunden, bis zum
äußersten Winkel und letzten Strich mit schwingendem Leben
gefüllt. Licht, Bewegung, Schlagkraft des Einfalls wirken statt
ruhender Form und wohl berechneter Komposition. Der Rück
blick bis zu den Tragikomödien ist kaum notwendig; schon ein
Vergleich des Bogenschützen im Odysseusblatt mit der Radierung
von 1914 überzeugt. Der Held hat hier wenig mehr von statu
arischer Monumentalität. Tiefer kniend, leidenschaftlicher zu
sammengebogen, scheinbar weniger sorgfältig gezeichnet, besitzt
die Figur nicht mehr das Eigenleben der schönen Linie, dafür
ist das Leben in sie eingedrungen, sie selber mit den übrigen Ge
stalten völlig verbunden, in das Gefüge des ganzen Blattes ein
geschmolzen. Im «Orpheus» wirkt der tragische Sänger als Kari
katur. Je weniger bestechend er selber ist, um so größer muß
die Gewalt seiner Kunst sein, die die Tiere aus der Wildnis sanft
herbeilockt und eine Gesellschaft von Riesenkatzen friedlich zu
Füßen des Bauernjungen sich lagern läßt. Die «Erziehung des
Achill», ausnahmsweise im hochgestellten Viereck, lebt im Kon
trast von weiß und schwarz; der Wildbach legt einen leuchtenden
ovalen Rahmen um das dunkel struppige Halbtier, der Kentaur
wieder ist, auch farbig, Folie für den Heldenjüngling. Ungebärdiges
Geschrei und Gezappel, ängstliches Zureden, Tanz und Getöse
ist die Handlung in der «Jugend des Zeus»; der Künstler zeichnet
die Bewegung und die Mienen der Spieler und läßt das ganze
Viereck im aufgeregten Geflimmer von Hell und Dunkel mit
klingen. In einer hellen Sommerlandschaft erfahren die drei
Göttinnen den Spruch des Paris. Wie der Künstler den Vorgang
wertet, so stattet er das Bild aus nach Rhythmus und Gewicht.
Vor die antike und halbantike Welt tritt Corinth auch weiter
hin mit heiterer Überlegenheit und unbeschwerter Hand; im
«Trimalchio»; in dem Blatt «Apoll und die Musen» mit dem Ballet
der schwebenden Charitinnen über der schönen Gruppe der drei
Grazien, vor dem männlichen Apoll; in den Einfällen zu den
Dafnisliedern von Arno Holz. Tief eingekratzte Schwärzen und
geschmeidige Arabesken umspielen das Thema und prägen es