D er Ruhm Max Liebermanns ist rascher zu uns gekommen als seine Werke.
Eine Reihe von Büchern und deutschen Zeitschriften, allen voran „Kunst
und Künstler", haben uns seine Erscheinung und sein Werk vertraut
gemacht — so wie Bücher und Reproduktionen dies vermögen — und seine Be-
deutung innerhalb der neueren deutschen Kunst nachdrücklich immer von neuen
Seiten vor die Augen geführt. Er ist heute als repräsentative Persönlichkeit
anerkannt.
Lieberman n selbst mag finden, daß der Ruhm reichlich spät zu ihm gekommen
ist. Die Mehrzahl der Bücher, in denen er für uns seit Jahrzehnten verankert ist,
sind erst dem Sechzig- und Siebzigjährigen gewidmet worden, und die Generation
vor uns hat noch einen kämpfenden und wild umstrittenen Liebermann vor sich
gesehen und sich gewinnen müssen. Davon wissen wir nichts mehr.
So braucht es heute für die Veranstaltung einer Gesamtausstellung zur Ver
mittlung einer direkten Anschauung vom Maler, Zeichner und Graphiker Lieber
mann keinerlei Wagemut mehr, und wir alle haben, wenn wir ihn freudig und
dankbar aufnehmen, nur das Verdienst der glücklichen Erben,
Äussere Widerstände, die einzigen, die zu überwinden waren, lagen in den
vielfachen Hemmungen und Bedrohungen der Verkehrsmittel und -Wege. Es
ist nicht unverständlich, wenn es den Eigentümern mancher Werke schwerer fiel,
gerade jetzt sich von ihnen zu trennen als zu irgend einer andern Zeit. Die
persönliche Fürsprache und das Beispiel des Künstlers wie auch des Hauses Paul
Cassirer und das Eintreten der Herren Gurt Glaser, Karl Scheffler und Heinrich
Wölfflin haben aber an den meisten Orten die Bedenken zu mildern vermocht
und das Zustandekommen der Ausstellung in der notwendigen, nicht zahlen
mäßigen, wohl aber künstlerischen Vollständigkeit ermöglicht. Mit der Zürcher
Kunstgesellschaft sind den mitwirkenden Behörden, Museen, Galerien und Privat
sammlern alle ihr verbundenen Kunstfreunde in Zürich und dem weitern Um
kreis der ganzen Schweiz in Dankbarkeit verpflichtet.
Die Zürcher Kunstgesellschaft bedauert nur, daß unter den gegenwärtigen
besondern Verhältnissen anscheinend nicht zu vermeidende Verspätungen in der
Ankunft eines Teils der Bilder sie zwingen, das vorliegende Verzeichnis in engerem
Rahmen zu halten als geplant war,- sie würde gern mit einer ausführlicheren Be
leuchtung der Ausstellung und des Gesamtwerkes auch dem Künstler Max
Liebermann, nicht nur dem Eigentümer der zur Ausstellung geliehenen Werke,
ihren Dank bekundet haben. W. W.