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strebenden jungen Malern, „die alle auf ihren Flügeln etwas von Paris
hatten", Erik Werenskiöld und andere. 1885 fand auch Munch die
Möglichkeit zu einer ersten kurzen Reise nach Paris. Einen Monat soll
er dort geblieben sein, ohne eigentlich sehr viel zu sehen, nur von Raffaelli
habe er einen lebendigen Eindruck mitgenommen. 1888 ging er im Sommer
zum erstenmal nach Aasgaardstrand am Kristianiafjord, sonst arbeitete er
von 1882—1889 in Kristiania, in den Jahren des „Durchbrudis", da die
bisher ruhigfriedliche Hafenstadt Großstadt werden wollte und die neuen
Ideen aus den Hauptstädten des Festlandes von der Jugend begierig auf*
genommen und mit Heftigkeit ins Leben übersetzt wurden. Die Mutter und
zwei Schwestern starben früh an Schwindsudit, ihn selber suchte immer
wieder schwere Krankheit heim. Er lebte aber mit den Jungen, in der
Atmosphäre der „Kristiania^Boheme", — Hans Jäger war ihm Freund
und Kamerad, sein Andenken ist ihm heute noch teuer und unmittelbar
gegenwärtig — und setzte sich damit in Widerspruch zu dem streng
gläubigen Vater, so daß er bald auf sich allein angewiesen war.
Seit 1883 hatte er öfter ein Bild an die großen Ausstellungen in
Kristiania gesandt. Als ihm 1889 ein Staatsstipendium von tausend
Kronen zuteil wurde, besuchte er vorerst in Paris kurze Zeit das Atelier
von Leon Bonnat und vertiefte sich in die Werke der Pointillisten, sah
auch beim Kunsthändler van Gogh Bilder von Vincent und von Gauguin,
1890 und 1891 war er in Deutsddand, Italien, an der französischen Riviera,
kehrte aber stets wieder nach Paris und St. Cloud zurück. Wieder von
Kristiania aus brachte er 1892 auf eine Einladung des Vereins Berliner
Künstler jene Ausstellung nach Berlin, die am Tage nach ihrer Eröffnung
von den Veranstaltern und Gastgebern geschlossen wurde. Er stellte
die Bilder in einem auf eigene Kosten gemieteten Raume dennoch aus
und fand sich in einem Kreis von neu gewonnenen Freunden so wohl,
daß er sich in Berlin niederließ. Auch diesen Aufenthalt unterbrach er
durch Reisen nach Aasgaardstrand, Italien, Paris. Walter Rathenau war
einer der ersten, der 1893 in Berlin ein Bild erwarb, Munch ist ihm in
Freundschaft verbunden geblieben, 1907 malte er ihn in ganzer Figur.
Zu den nächsten Freunden gehörten während der ersten Berliner Zeit Strind=
berg, dann Przybyszewsky, der norwegische Dichter S. Obstfelder, Richard
Dehmel, Meier=Graefedie beiden ersten, auch Hans Jäger, traf er während
der Jahre 1895—1897 wieder in Paris.