VIII
und Hof, in Hvitsten namentlich jenes Stüde Strand, das auf den Bildern
mit den badenden Männern oft wiederkehrt. Nach dem Kriegsende und
nachdem er nochmals eine schwere Erkrankung wieder glücklich über**
standen hatte, nahm er die Festlandreisen, die ja fast immer zu Studien^
und Arbeitsaufenthalten werden, von neuem auf: 1920 war er in Berlin und
Paris, 1921 in Berlin, Wiesbaden, Frankfurt. Und bei seinem diesjährigen
Besuch in Zürich erklärte er, „ich spüre, daß meine Wanderzeit noch nicht
fertig ist" und fuhr durch den Gotthard nach Italien.
Dieses von innen und außen bewegte und bedrängte Leben erfüllt sich
reich und farbig im Werk. Ungleich spiegelt sich wieder dieses in den Augen
der Zeitgenossen, je nach ihrer Stellung innerhalb der vier Jahrzehnte, die
es umspannen. Eben erst durch seine Bilder erweckte Berliner Freunde
begrüßen ihn im Jahre 1894 mit einer Kampfschrift <Das Werk des Edvard
Munch, Vier Beiträge von Stanislaus Przybyszewsky, Dr. Franz Servaes,
Willy Pastor, Julius Meier*=Graefe, Berlin S. Fischer). Jugend setzt sich
für Jugend ein,- trotzend stellen sie ihn der Gegenwart und der scharfen
Helligkeit des Tages als den Künstler der Zukunft und des nur halb faß
baren geheimnisvoll Seelischen entgegen,- und doch empfinden wir heute
die innere Übereinstimmung zwischen seinem Wesen und dieser Auslegung
nicht vollkommen,- Munch ist ihnen vielleicht mehr nur Flagge für eigenes,
doch anders bestimmtes und anders gerichtetes Streben. Andreas Aubert
nimmt in seiner Norwegischen Malerei des 19. Jahrhunderts {Deutsch bei
Klinkhardt 'S) Biermann, Leipzig) an der Jahrhundertwende mit leichter
Besorgnis Abschied von dem im Impressionismus geschulten, aber auf neue
Bahnen übergetretenen immer noch jungen Künstler: «gerade als die Zeit
für ihn gekommen zu sein schien, sich in mehr künstlerisch gereiften Formen
zu sammeln, war die Übermacht des Naturalismus gebrochen durch eine
neuromantische Strömung, und Munch ließ sich sofort mit fortreißen von
ihren wildesten subjektiven Gedanken, als aristokratischer Meister einer
nervenfeinen, bis zum Krankhaften genußsüchtigen Kunst vom seltensten
und edelsten Rasseblut». Munch ist ihm jetzt der ausgeprägte Typus für
das, was man die Decadence des zu Ende gehenden Jahrhunderts genannt
hat. Zehn Jahre später sieht Aubert «Munchs exzentrische Gestalt als alU
beherrschende Vordergrundfigur in der wieder entschiedener als je im ZeU
dien des Kolorismus stehenden Malerei».