XVII
den Meistern jener Jahre wohl schon allein durch den gemeinsamen Drucker
Clot in Berührung kam, entstanden Blätter, die für das Höchste, was das
Verfahren hervorbringen kann, immer repräsentativ bleiben werden. Auch da
ist er bald Meister aller technischen Mittel, er gelangt zu sonst kaum erreichtem
Schmelz des weichen schwarzgrauen Kreidestriches vor leuchtendem Weiß
und wahrt auch in den farbigen Blättern immer Klarheit und Größe. Auch
die Lithographie ist ihm anfänglich vorwiegend nur neue Sprache für
Themen, wie er sie im Lebensfries anschlägt. Mit der ersten Bildnisfolge
macht er sie selbstherrlich. Von etwa 1900 an werden ihm in anderer
Form, aber ähnlichem Sinn wie die Radierung Lithographenkreide und
Umdruckpapier zum Tagebuch. Nun zeichnet er Bildnisse, wo er ein Bild
nicht malen will, oder um ein gemaltes Bild durch eine raschere Notiz zu
ergänzen,* aus den Aufzeichnungen im Tiergarten von Kopenhagen wird
ihm die Folge der „Tiere", daraus in merkwürdiger Verflechtung mit dem
Niederschlag ganz andersartiger Beobachtungen der Zyklus „Alpha und
Omega", wo Bild und Text nebeneinander in ihm auftauchen und geformt
werden. In immer breiter und weiter geführtem Schwung malt er schließlich
mit dem weichen Stift Blätter von bisher nie gesehener Fülle und Kraft
wie „Feuersbrunst", „Erdarbeiter" und die großen Frauenakte.
Der Holzschnitt ist für reicher abgestufte Wirkungen weniger gefügig
als Radierung und Lithographie. Munch macht sich seit 1896 in Paris, zwei
Jahre nachdem er mit Radieren begonnen hatte, alle Möglichkeiten auch dieses
Materials zu eigen und zwingt ihm neue, bisher noch nicht gekannte Wir*
kungen ab. In den allerersten Blättern stellt er noch vorwiegend schwarze
Form gegen hellen Grund oder verschiedene Farben in ungebrochenen
Flächen gegeneinander. Er scheint auf Vallotton und Japan aufzubauen.
Fast gleichzeitig geht er aber auch schon eigene Wege. Er löst die Fläche
auf, zerstört scheinbar die zeichnerische Form und läßt Weiß und Schwarz
aufeinander lossprühen, daß sie im Auge zu Formen einer neuen Ordnung
zusammenspielen. Aus der Nähe betrachtet erscheint das Bild zerschlissen
und zersplittert wie auf manchen seiner neueren Gemälde,* es fehlen die
sicher führenden Linien und eine dekorativ-flächenhafte Aufteilung,* Licht
und Bewegung knallen nur als Funke zwischen grellem Weiß und Nacht
schwarz von einem Angelpunkt zum andern. An der Wand schließt es sich zur
schönsten Festigkeit und bildmäßigen Ruhe,* größte Einfachheit der Mittel und
völlig undekorative Haltung im einzelnen zeitigen höchste dekorative Kraft.