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Kritik, so unschädlich ist gegenüber den Versuchen
des Dilettantismus, wo der künstlerische Kern meist
fehlt, die Beschäftigung mit dem „Drum und Dran".
Künstler stehen für sich, über oder außerhalb der
unmittelbaren historischen Umgebung; sie schaffen
das Neue, die Allgemeinheit mag sich dazu stellen,
wie sie eben kann. Die Bemühungen der Dilettanten
geben in ihrer Gesamtheit einen Begriff von Zeit
geschmack und Mode, von den künstlerischen Allge-
meinbedürfniffen, der künstlerischen Nachfrage.
Ein Dilettant ist nun der erste der im Kupfer
stichkabinett vertretenen Füßli, Mathias I.
(1598—1665) freilich nicht, wenigstens nicht nach
seinem äußern Lebenslauf und seiner Lebensfüh
rung. Geboren als Sohn eines Goldschmiedes, soll
er schon in der frühesten Jugend ganz hervorragen
de künstlerische Talente gezeigt haben bei einem
„cholerischen, ziemlich rohen und ernsthaften Tem
perament". Nach einer Zürcher Lehrzeit bildete er
sich in Italien weiter und kehrte 1634 als über
zeugter Anhänger von Tempesta und seiner Schule
in die Heimat zurück. Diese Tradition pflegte er in
Zürich getreulich und mit viel Eifer. Es wird ver
sichert, er habe stets das Pathetische, Herzrührende
bevorzugt, Stoffe, die Auge und Gemüt mit Bestür
zung und Schrecken erfüllen. Im Verzeichnis seiner
verschollenen Bilder begegnen uns nur Schlachten,
Feuersbrünste, Seestürme, Plünderungen, nächtliche
Schreckenstaten, Katastrophen aus der biblischen
und der alten Geschichte. Die Vitrinen im Biblio-
thekvorraum (6 l. Schrank II und III) zeigen ein
Dutzend seiner Zeichnungen; Kriegsleute mit
Schlapphut, Stulpenstiefeln und Schärpe; einen
Kantor oder Kapellmeister am Pult, mit einem Ka
ter, der ihm um die Waden schmeichelt; „Risse" für
Glasgemälde oder andere kunstgewerbliche Verwen
dung, heraldische und allegorische Vorwürfe. In