Volltext: Ständige Ausstellung moderner Kunstwerke im Künstlerhaus Zürich

fremdend, dass der Kopist aus eigenen Stücken einen 
im Bilde befindlichen Vorhang vollständig negiert und 
dafür einen neuen hineincomponiert, der sich auf dem 
von ihm als Vorlage benutzten Original nicht befindet. 
Ganz davon abgesehen, dass dieser Umstand so völlig 
den Usancen des Kopisten zuwiderläuft, so ist er in 
diesem Falle von um so grösserer Bedeutung, als er 
einen ästhetisch wichtigen Faktor innerhalb des Bildes 
ausmacht und sowohl den Zusammenklang der Farben 
als auch die lineare‘ Wirkung in nachdrücklichster Weise 
beeinflusst. Der Farbenakkord beider Bilder wird in 
der Hauptsache durch das Blau und Rot der Ge- 
wandung, den Fleischton und durch den tiefbraunen 
Hintergrund bestimmt. Vergleicht man beide Bilder 
in dieser Richtung hin, so macht sich auf dem Londoner 
Exemplar ein direkter Mangel fühlbar, den die Betrach- 
tung des Exemplares mit dem Eckvorhang nicht auf kom- 
men lässt. Das Grün des Vorhanges bildet eben eine 
ästhetisch notwendige Ergänzung des Akkordes, dessen 
Volltönigkeit ohne dasselbe beeinträchtigt ist. Aber 
auch hinsichtlich der Rythmik der Linien spielt dieser 
Vorhang eine wichtige Rolle, indem er die wundervolle 
Linie, welche durch die Kopf- und Schulterhaltung der 
Madonna und die obere Lage des Kindes gebildet wird, 
wirksam unterstützt und verstärkt. Ohne den kontra- 
stierenden Contur des Vorhanges macht sich der gleiche 
Mangel in linearer Beziehung geltend, wie er hinsicht- 
lich der koloristischen ins Auge springt. 
Die zur Vergleichung beigefügte Reproduktion 
der Bridgewater-Madonna lässt natürlich nur in gerin- 
gem Masse den Kontrast bezüglich der Linien erkennen, 
der koloristisch von ungemein intensiver Wirkung: ist, 
was aus der Betrachtung der Originale mit zwingender 
Deutlichkeit hervorgeht. 
Dr. Hermann Popp, München.
	        
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