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stalten suchte. Dieser hochbegabten Frau blieb
zu ihren Lebzeiten Anerkennung versagt. Erst
nach ihrem Tode gewann die Erkenntnis Raum,
dass sie die einzig schöpferische Potenz in dem
Kreise der Worpsweder gewesen ist. Der andere
Künstler, der in Norddeutschland einen einsamen,
dornenvollen Pfad überwinden musste, ist der
heute 50jährige Emil Nolde. Erst- als reifer Mann
suchte er neuen Gedanken bildnerische Gestalt
zu geben. Er begann etwa da, wo Paula Becker-
Modersohn endete. Seine Kunst steht in ihrer
elementaren Gewalt, der Rücksichtslosigkeit der
Farben und Formen, der Kunst heidnischer Völker
nahe, die uns zunächst so weltenfremd und kunst
los zurückstiess.
In Mitteldeutschland fand sich in Dresden
im gleichgerichteten Bestreben nach neuem Aus
druck eine Anzahl Maler zu der Vereinigung
„Die Brücke“ zusammen. Pechstein, Schmidt-Rott
luff, Otto Müller, Kirchner suchten sich von dort
aus die Geltung zu verschaffen, die ihnen heute
allgemein zugestanden wird.
Wieder eigene Wege gingen Nauen und August
Macke, dessen Freund Franz Marc in München
seine Kräfte vornehmlich dafür einsetzte, das
Wesen des Tieres durch sein tiefempfundenes
Gefühl zur Natur ausdrucksvoll malerisch umzu
werten. Der Rhythmus seiner Linien und das