8 satz zu Rußland die Kunst der begabtesten und führendsten Geister ausgesprochen unrevolutionär, tendenzfeindlich und volksfremd war. Um die Antwort darauf zu finden, sei vorerst die soziale Basis untersucht, auf der ein Künstler vor und auch während des Krieges, ja sogar heute noch lebt: Der Künstler kann ebensogut im proletarischen wie im bürger lichen Milieu geboren werden. Gewisse Fähigkeiten (Beweglich keit der Sprache, Feinnervigkeit, Bildung und Hemmungslosigkeit) werden in der Regel dem Sohn der Bourgeoisie den Vorsprung in der Gesellschaft ermöglichen. Die wesentliche Bedingung für künstlerische Wirksamkeit, Produktivität wird dafür im Proletarier kind häufiger und ursprünglicher vorhanden sein, sodaß, wie es die Wirklichkeit ja auch zeigt, tatsächlich aus beiden Lagern an erkannte Künstler kommen. Dies ist jedoch kaum von Bedeutung. Die sozialen Verhältnisse für die meisten Künstler sind zunächst die gleichen. Sie haben nichts als die Hoffnung auf Ruhm, Reich tum und ein buntes Leben. Sofern elterlicherseits finanzielle Unter stützung gewährt wird, kommt es meist zum „Künstlerleben“, zur Arbeit in der Regel erst dann, wenn die Unterstützung entzogen wird. Somit wäre der Künstler wie jeder andere, der arbeitet um existieren zu können, ein Ausbeutungsobjekt des Kapitals. Tat sächlich ist er es auch. (Abgesehen von den Fällen, wo ungewöhn liche Zufälle es ihm ermöglichen, in irgendeiner Form den gesell schaftlichen Ehrgeiz oder sonstige unbefriedigte Bedürfnisse Be güterter auszunützen.) Die Ausbeutung des Künstlers gleicht in dessen nicht der des Arbeiters, erstens weil er als Schaffender zu eng mit dem Produkt seiner Arbeit verwachsen ist, als daß man ihn über den Ertrag derselben unorientiert lassen könnte, vor allem aber, weil das Kunstgeschäft mit solch unerhörtem Risiko arbeitet, daß der Unternehmer es nicht allein tragen will und kann. Der Kunst händler, welcher die Künstler ausbeutet, kann sich in der Regel nicht darauf einlassen, diese seine Arbeiter einigermaßen gleich mäßig und ohne Rücksicht auf die Konjunktur zu unterhalten. Die Gründe hierfür sind selbstverständlich. Demzufolge beteiligt sich der Künstler an der Spekulation und am Risiko des Kunsthändlers (man arbeitet mit Prozenten) und so wird er selbst zum Bourgeois — zum Kleinbürger, der zwar arbeitet, aber nicht für Lohn, nicht sein Leben lang, sondern für Gewinn und, sobald wie nur mög lich, nach Belieben. Damit ist zunächst seine politische Rolle ge geben. Er ist bestenfalls unpolitisch, wenn er Farbe bekennen muß: arbeiterfeindlich. Dafür sorgt außerdem sein Publikum, das ihn ähnlich wie Prostituierte verwöhnt und umschmeichelt. Ge wisse anarchistische Neigungen sind sozial bedingt durch seine Soloarbeit, die den Gemeinschaftssinn untergräbt, auch durch den