20 Man kann die Künstler, welche diese Tatsachen und die ge folgerten Notwendigkeiten und Aufgaben erkannt haben und dem gemäß handeln, noch an den Fingern herzählen. Das liegt nicht zuletzt an den trostlosen ökonomischen Folgen, die revolutionäres Handeln hier noch mehr als in den kapitalfeindlich organisierten Berufen mit sich bringt. Wenn sich einer nicht schon vorher einen „Namen“ gemacht hat — wird er auf Ruhm und einen vollen Magen verzichten müssen. Zwar müssen das die meisten bürger lichen Künstler auch. Doch zehren sie in Form von Hofinungen und Zukunftsträumen am herrlichen Dasein der „Sterne“ verschie dener Größe. Hier gedeiht das Strebertum, das unempfindlich macht gegen Not, Ungerechtigkeit und Fußtritte. Es blüht vor allem in den künstlerischen Berufsorganisationen, die meist ganz jung sind und eher als mit Gewerkschaften mit Gymnasialklassen oder professionellen Sportklubs vergleichbar sind. Es setzt eine gründliche Kenntnis der verschiedenen Organisationen voraus, zu entscheiden, ob man dieselben als Kommunist verlassen soll, oder aber ob man im Rahmen dieser Verbände Propaganda treiben soll und kann. Vielleicht ist die Möglichkeit gegeben, alle kommunisti schen Künstler gesondert in einer roten Berufsorganisation zu- sammenzufassen. Vielleicht kann man diesen Plan aus propagan distischen Gründen aber auch ablehnen. Es wäre unbedingt wün schenswert, daß die revolutionären Parteien zu diesen Fragen Stel lung nehmen. Voraussetzung dafür ist das Auftreten kommunisti scher Opposition in den Verbänden.*) Jedenfalls handelt es sich hier um eine Fülle von Fragen und Aufgaben, denen man sich als kommunistischer Künstler ebensowenig verschließen darf wie irgendwelchen andern revolutionären und beruflichen Problemen. Während auf literarischem Gebiet die Diskussion über Form fragen, welche die letzten Jahrzehnte fast völlig beherrschte, allmäh lich versiegt ist und heute wieder jeder schreibt wie er will und kann, spielt dieses Problem für die bildenden Künstler nach wie vor eine große Rolle. Auf die verschiedenen „Ismen“ einzugehen, liegt uns zu fern. Es genügt wohl, sie alle als Produkte mangelnden Kontaktes mit dem Leben zu charakterisieren. Deshalb kann man nicht leugnen, daß das Streben nach neuen Gestaltnngsmöglich- keiten und Ansdrucksmitteln, nach Ueberwindung der traditionellen Vorstellungen und Urteile, die sich mit gewissen hergebrachten Formen verbinden, aus einem Gefühl der Auflehnung herans ge boren, also in gewissem Sinne revolutionär ist. Bleibt die Frage: Wogegen revolutionär, wofür? Offenbar gegen Symptome einer • VVergl. den „Offenen Brief an die Novembergruppe“ in Heft 8/9, Jahr gang II „Der Gegner“.