60 schäften rühmen, ja sogar von Popularisierung und Monumentalisierung träumen. Eine scharfe Opposition gegen den „bürgerlichen" Express sionismus ist für die Anfänge der proletarischen Kunstbezeichnend,sodaßdieBehauptungRjepins, der Proletarier habe „die unsinnigen sklavischen Bemühungen des Kubismus vom jungen Künstler leihweise erhalten", auf einem Irrtum beruht. Der aussichtslose Eklektizismus und das Dilet- % tantentum der Proletkulte wurde im Laufe der Zeit immer anschaulicher, so daß sogar im Juli 1919 ein Vorschlag der Regierung erging, der autonomen Existenz des Proletkults ein Ende zu machen und ihn in der gesamten Aufklärungs arbeit zusammenzuschmelzen*. Die proletarische Kunst. <Aus einem Brief J. Rjepins.) Bis zur Hymne hat sie sich nidit erhoben. Man begnügte sich mit der Marseillaise, zog singend herum, ja man fühlte sogar, daß unsere „Soldatiki" dieses unsterbliche Aufleben des blutsverwandten Volkes mitgerissen hatte. Vom Schauplatz der Ereignisse entfernt, sah ich nicht den Triumph der bolschewistischen Experimente lch kenne nicht die proletarische Kunst,- was man so nennt, hat sich nie mit der Volksseele ver einigt, ja ist nicht einmal mit dem Bolschewismus zusammengeflossen, hat diese Bewegung nicht inspirieren können,- und wenn auch der Prole- tarier den Kubisten und Futuristen ihre sinn losen, sklavischen Wehen entliehen hat, so waren diese unpersönlichen Kritzeleien nie von irgend welchen Ideen erleuchtet gewesen, und es scheint mir, daß sie für immer nur ein müßiger Kram von Taugenichtsen, der auch nicht eine Spur von Leben in sich trägt, bleiben werden. Die Dekadenz sollte man mit dem allgemeinen Kunstanarchismus nicht verwechseln. Sie ist eine unwillkürliche Erscheinung, eine Folge der krank haften Übermüdung der Sachverständigen, die * Bibliographie: A. Bogdanow: , Die Kunst und das Proletariat" (übersetzt: Kentaur«Verlag, Leipzig 1919), S. Salewsky: „Die proletarische Kunst", Moskau 1919. — Zeitschriften <Moskau=Petersburg 1917/19): „Die Schmiede« esse", „Das Kommende", Die proletarische Kultur" u. m. a. Vgl. auch „Aktion" Nr. 45/46: „Kunst im roten Moskau". an Großmannsucht und Originalitätshascherei erkrankt sind. Der Kubismus ist ihr Kind. Der Kubismus hat sich in einer unverschämten Weise in Konventionen abgenutzter Farbab- Stufungen — des Bräunlichen und des Grün lichen — abgesperrt und wiederholt sich bis zum Überdruß: immer dieselben Repliken eines anonym gebliebenen Urbildes — Quadrate und wieder Quadrate von einer unglaublichen Ein- förmigkeit, eines unbestreitbaren Idiotismus, der besonders dann triumphiert, wenn es dem Künstler auf die hinteren Facetten des Kubus anzuspielen gelingt. Die vierte Dimension? Blödsinn! \ Ich sah weder die roten Feste, noch die meter langen Leinwände, die ganze Häuser und Peters burgs Kreuzwege bedeckten: es bleibt mir nur zu erraten, wie das war. Leider ist meine Vor stellungsgabe verarmt und grob wie immer, — sie stellt mir nur abscheuliche Bilder der Bolsche wisten vor. Ist es denn möglich, sich auszumalen, wie sich der dich gewordene Gänserich, der sich von dem Schwarm getrennt hat, zusammen mit den dicken Fettschwänzen überfrißt, die auf dem Vaterlande sitzen und seinen Saft aussaugen,- ist es denn möglich, sich auszumalen, daß dieser Räuber, der sich hinter der Schuld der Bourgeoisie verstecht hat, endlich wild zu tanzen anfängt und seine diche Brieftasche mit falschen Nichtigkeiten fest an sich preßt. Kann es Abscheulicheres geben, wie wenn dieser Didcwanst eine Träne vor Rührung über seine Sattheit verlieren würde. Pfui! Ein Ekel! Welche Kunst kann dieser Schoß gebären? Nein das ist unmöglich, es muß doch eine Evolution kommen. Sie wird nicht so bald er scheinen. Man könnte aber eine andere Über raschung erwarten,- eine Überraschung in ganz anderer Art. Öfters hörte ich, daß es im Sowjet land Schulen gäbe, wo man sogar die hungrigen Kinder füttert, den Aufbau neuer Grundlagen lehrt,- da ist es, von wo man das Entstehen der proletarischen Kunst erwarten darf. Diese Kinder werden ihren Eltern ganz unähnlich sein. Diese mageren Kinder werden leidenschaftlich bestürmt sein von Ideen, von wirklichen Ideen des Friedens, der Liebe und Brüderschaft der Völker. Da