20 eliminieren läßt. Der Nachweis des Kulturstandpunktes wäre hei jedem einzelnen Künstler zu erbringen. Der Ideengehalt klingt überzeugend mit der malerischen Klärung zusammen. Die stärkste Gruppierung des Gedanklichen findet man bei Albert Mueller, der seine Bildmittel bei ausgesprochener antinaturalistischer Tendenz, in eine neue verklärte Welt hineinzwingt. Ein Garten der Seele entsteigt seinen Kompositionen, die von der Humanität des Geschehens voll sind. Eine losere aufgelöstere malerische Organisation bei Gottfried Graf, Hier kulminiert der Ausdruckswert der wundervollsten Hauch^Farbe, die selbst zu seelisch Geformtem wird. Eine stolze Gehaltenheit übertönt die Bilder von Hans Spiegel. Reife Schöpfungen des Schlicht^ Menschlichen von melodisch gehobener Atmosphäre umspielt. Verklingende Musik leitet in die farbig fließende Reflexion E. D. Kinzingers hinüber. Die Kulturseele der Jetztzeit weit geöffnet, mit all ihren Stimmungen, Spannungen, ein ungemein sensibles Organ auf Eindrücke und genetische Zusammenhänge zu reagieren. Ein Abstraktionist, der die Mystik reiner Form reizsam beherrscht und sie subjektiv neu belebt. Die dynamischen Kräfte spielen, divergieren in Willi Baumeister, bald ein Anektodenmaler mit abstraktem Vorzeichen, der den Lebenskatechismus eine neue Wertigkeit hinzudichtet und das Erlebnismaterial in die konstruktive Seite abrückt. Denkerisch Oskar Schlemmer: einstmals von Cezanne kommend, dann entscheidend von Zürich erschüttert, heute vom materiaLnaturalistischen Primitivismus hypnotisiert, gibt seiner Stellung eine harte Klarheit. Ob negativ oder positiv kann heute noch nicht entschieden werden. Die Einfühlung in die Strenge einer elementaren, gesteigert individuellen Zone ist stark, allein Schlemmers Grundthema vertraut auch anderen Instinkten,- künstlerische Zustände sind immer antimonistisch orientiert. Bis weilen spricht die Verlassenheit des Künstlers daraus, die Massivität seiner Gesinnung oder Symptombefreiungen einer psychischen Entblößung. Den geistig artistischen Überlegenheitswillen vermittelte auch die schon erwähnte Herbstschau Neuer Kunst, trotz der reaktionären Kunstchauvinisten im Bürgertum und einer umdüsterten Akademie, man verspürte, daß die Künstler der Üecht^Gruppe das idyllische Stadium überwunden und sich zu entschlossenen Existenzen künstlerischer Gestaltung emporgerungen haben. Spiegel hat die äußere Mathematik des kubistischen Territoriums aufgegeben, um einer paradiesisch er^ lebten Farbenmodulation zu weichen. Seine Aquarelle von rätselhafter Schönheit, mit allen ner vösen weichen Zuckungen durchbrochen. Graf ist in der auffliegenden Farbe freier, sinnlichkeits entrückter denn je,- seine hochgelegene technische Sicherheit wird man auch außerhalb Schwabens schätzen müssen. Erdsuchertum und Gottsuchertum in Kosmoromantik erdacht, vollendet Mueller sinnreich. Kinzinger (heute in München lebend) spendet in seinem Farbenfächer den bunten schönen Glauben an die Erde. Diese seine Kunst, die Kleinere mechanisieren würden, biegt er in verwegenste Abenteuerlichkeit ab. Das vielhaftige Pendelschwingen der Maler der Qecht^Gruppe verdiente einmal in einem anderen Kunstzentrum vor breiterem Forum gestellt zu werden. In einer kurzen Zeitspanne hat sich diese Malergesellschaft auf ein Malniveau wertvollster Gestalt werdung erhoben, es ist ein Sieg des jüngsten Wollens, das von bekannten Irrwegen frei ge blieben ist. In einem Verhältnis zur neuen Kunst stehen: Eberhardt, ein Durchschnittsexpressionist von Tapeten Wirkung, Ida Kerkovius zieht sich mehr von den Normen zurück und hat einen gewissen Enthusiasmus der Farbe in sich. Gertrud Stemmlers Formpathos spricht lautere Wahrheit. Die sympathische Bildarchitektonik Richard Siebers führe ich noch an. — Stuttgarts neue Kunst steht nicht an einer pessimistischen Endphase, wie das primitiv kokette Logik anderswo feststellen will,, daß die Akademie damals die Berufung Paul Klees ablehnte, war professorale Selbstvernichtung. Die Bildschöpfer erfassen leidenschaftlich die Totalität (wie Graf, Mueller, Spiegel) oder sie sind als Problematiker um die Erweiterung letzter Einsichten bemüht (wie Baumeister, Kinzinger, Schlemmer). Rudolf Utzinger,