25 stattfinden dürfen. Darauf versuchte es das Syndikat mit einem andern Vorschlag: es machte sich erbötig, dem Amt kostenlos seine Experten zur fachmännischen Schätzung der sequestrierten Kunstgegenstände zur Verfügung zu stellen. Nachdem man monatelang vergeblich auf Ant= wort gewartet hatte, betrieb der Präsident des Syndikats eine Audienz beim Minister. Der Minister empfing ihn aufs wärmste und versprach »daran zu denken.« Wahrscheinlich denkt er noch immer daran. Aber unterdessen gehen die Verkäufe nach dem alten Modus weiter vor sich — zum Schaden der Staatskasse und zum Ärger der Patrioten. }. P. ITALIEN Einige Notizen zur Geschichte der neuen Kunstbewegung in Italien Es ist ein Irrtum zu glauben, daß in Italien der Vorkriegszeit nur der Futurismus die geistige und künstlerische Jugend beherrscht hat,- es be stand vielmehr damals schon — mindestens theo= retisch — eine Bewegung, die gegen den Futu rismus gerichtet war und Ideen verfocht, wie sie sich heute in der sogenannten metaphysischen Malerei in die Tat umgesetzt haben. Mailand und Florenz sind als die zwei geistig^künstlerischen Zentren der Vorkriegszeit bekannt <Rom kam damals so gut wie gar keine Bedeutung zu). Mailand - die moderne Industrie- Großstadt - war futuristisch orientiert - Florenz betonte den Zusammenhang mit der national italienischen Tradition. Man findet die litera rischen Dokumente dieser Ideenspannung in den modernen Revuen der Vorkriegszeit, z.B. in der von Ardengo Soffici geleiteten »La voce«, einem literarisch^politischen Organ, das vor allem auch über die französische Bewegung unter richtete, in der »La c e r b a«, einer aktivistisch^pro- pagandistischen Revue, deren Interessen zwischen Poesie und Politik geteilt waren, und im »Lio- nardo«, der von Papini redigierten Zeit^ Schrift der Traditionellen. Der eigentliche Kampf wurde eingeleitet von einem Aufsatz, den Pa pini in der »Lacerba« unter dem Titel »II cerchio si chiude« veröffentlicht hat. Hier wies Papini, ein philosophisch geschulter Kopf, nach, daß die moderne Kunst mit Kubismus und Futurismus zum Ursprung der Kunst, d. i. zum Naturalismus, zurückgekehrt ist. Boccioni erwiderte leidenschaftlich <«I1 cerchio nonsi chiude«), wobei er ausführte, daß die Auf nahme von Materialien tale quäle in das Künste werk mit Naturalismus nichts zu tun habe,- das Material sei nicht Endzweck, sondern nur Mittel. Papinis Antwort »Cerchi aperti« ver teidigte seine erste These und charakterisierte Boccioni als einen Gegner, der eine Kontra^ verse unmöglich mache. Eine Spaltung der Ju^ gend in zwei Lager war die Folge: um Papini sammelten sich die »reinen Futuristen«, während die »Marinettisten« in Boccioni ihren Führer sahen. In diesem Moment brach der Krieg aus,- seine Interessen und Pflichten brachten den Kampf der Ideen zum Schweigen. Die meisten der jungen Revuen stellten ihr Erscheinen ein. Die »Lacerba« wurde ganz politisch und zwar im interventionistischen Sinne. (Während A. Sofficilnterventionistgeblieben ist, hat Papini später seine Anschauung geändert.) Aber in der Stille bereitete die schweigende Arbeit einiger Künstler das Neue, Kommende, erst nach dem Kriege in Erscheinung Tretende vor. In erster Linie ist hier Giorgio de Chirico zu nennen, der lange Zeit in Paris und in München gelebt hatte, und erst während des Krieges nach Italien zurückkehrte (zuerst nach Ferrara). Er ist der eigentliche Initiator der neuen »metaphysischen Kunst«. Seine Malerei bedeutet die Restauration der alten Mächte italienischer Kunst: der Ordnung und der Logik. Sein formaler Einfluß auf Carrä ist unleugbar. Carrä befand sich, bevor die Lehre Chiricos auf ihn eingewirkt hat, in einem Zustande der Un sicherheit, in dem er bald bei Rousseau, bald bei Derain, bald bei den Primitivisten sein Heil suchte. Er schrieb Aufsätze, die in «La voce« veröffentlicht wurden. Carrä ist ein großes Temperament und trotz des Einflusses Chiricos