39 kündigt sich an, die Zeit der fermiers genereaux, der roture, die am Ende des Jahrhunderts stark genug geworden war, sich in der Kunst einen eigenen Stil zu schaffen und in der Politik eine Revolution zu machen. Am einfachsten ist die Praxis in den großen Staatssammlungen oder in jenen städtischen Museen, in denen noch Reste der alten historischen Sammlungen sich finden. Da kommen die schön ge schriebenen Urkunden mit den Siegeln und Bullen in ihr Recht, die miniierten Meßbücher, die Waffen und Folterwerkzeuge, lauter Dinge, die mit brennendem Interesse aufgenommen werden und sich für ewig einprägen. Aber auch aus reinen Kunstmuseen kleinerer Dimensionen, und besonders aus den Kunstgewerbemuseen läßt sich viel mehr herausholen, als man glaubt. Zur Unterstützung ihrer kulturhistorischen Mission sollen die Museen für die Schüler Licht* bildvorträge in dieser Richtung halten lassen und eine Abbildungssammlung anlegen, die sie den Lehrern zur Verfügung stellen. Bei dem starken, heue doppelt starken, historischen Interesse der Menschen wird hier sicher auch den nichtjugendlichen Kreisen gedient sein. Man unterschätze überhaupt nicht, wie sehr bei vielen Kunstmuseumsbesuchern das historische Interesse vorwiegt. Das hängt mit der ganzen Art der Vorbildung zusammen. Der Deutsche ist nun einmal nicht formal angelegt wie der Romane, aber es ist immer noch besser, wenn er gemäß seiner Wesensart bei Botticelli an Savanarola denkt und bei Tizian an Karl V. und Moritz von Meißen, als wenn er sich jene allzubekannte kunsthistorische Halbbildung aneignet. Es kann nicht mehr lange dauern bis die Urgeschichte zum wesentlichen Bestandteil des Schul unterrichtes wird und zwar aus zwei Gründen. Ganz allgemein geht es nicht mehr an, die Ge schichte bei den alten Griechen beginnen zu lassen und die davor liegenden 30 000 Jahre einfach zu ignorieren, dann aber verlangt die Typenlehre der Soziologie, einer Wissenschaft, die im SchuL unterricht der Oberklassen einen immer breiteren Raum einnehmen wird, an jeder Stelle ein genaues Eingehen auf die Ergebnisse der Urgeschichte. Eng damit aber ist die Benutzung der Völkerkundemuseen verbunden, um gewissen Phasen dee Entwicklung, als von uns durchlaufen oder als in der Urgeschichte verloren, aber bei irgend welchen australischen oder afrikanischen Völkern als noch lebend aufzuzeigen. Auch hier wiederum haben sich diese Museen in den Dienst des Unterrichtes zu stellen und zwar durch entsprechende Anordnung, durch hervorhebende Bezettelung und durch leicht faßliche Führer. Der Weg, Schausammlung und wissenschaftliche Sammlung zu trennen, ist gar nicht mehr vermeidbar. An erster Stelle steht die deutliche Vor^ Weisung der Techniken. Wie Feuer angezündet wird und Töpfe geformt werden, gemahlen, ge schmiedet, gekocht wird, das interessiert, nicht welche Ornamente es gab. Ungemein wichtig für die Religionsgeschichte, die wohl auch in der Zukunft da und dort den Religionsunterricht ver^ drängen wird, ist die Vorführung der kultischen Bräuche in enger Verbindung mit jener der heutigen primitiven. Möglichste Übersichtlichkeit ist da geboten. Alle Anhäufung, aller »Reichtum« ver* wirrt und lenkt ab. Die Gesellschaftsklassen, ihre Abzeichen, ihre Gewohnheiten und Beziehungen müssen gezeigt werden können, das Staatsleben im Krieg und Frieden. Zu all diesem ist es aber nötig, eine soziologisch-typologische Sammlung aus Urgeschichte und Völkerkunde kombiniert anzulegen. In ihr sind einerseits die Typen und ihre Entwicklung und andererseits die Schichtungen darzustellen. Hier interessiert das betreffende Volk als solches nicht mehr, sondern ist nur Beispiel für den Typus, den es vertritt. Bei der zumeist gehandhabten Anordnung nach Völkern war dergleichen in den Völkerkundemuseen nie klar vorzuweisen. Bisher ist die Kunst selbst hier nicht berührt worden. Die Museen, so intensiv sie hier für die Schulbildung ausgewertet worden sind, hatten einzig Kulturgeschichtliches zu vermitteln. Von Kunst wurde nicht gesprochen. Und dies mit Willen und mit vollem Recht. Das Kind hat, wie eingangs bemerkt, kein Bedürfnis nach Kunst, und der Jugendliche, bei dem dies Bedürfnis beginnt und in der extatischen Zeit der Geschlechtsreife sich teilweise sehr stark äußert, muß unbedingt