43 Marksturz! Sie sank von der stolzen Höhe von 60 auf 5 und ist dann nur ganz kurze Zeit über 10 hinausgegangen. Inzwischen waren die Lager=Regale der wissenschaftlichen Verleger geräumt, die Vorräte in Friedensausstattung einiger belletristischer Verleger stark zusammengeschmolzen und die Auslandssorti® menter erließen Proteste gegen die deutsche Kon® kurrenz, trotzdem sie gerade den Marksturz zu recht gewinnreichen Valutageschäften benutzt hatten. Da entstand über Nacht das Schlagwort »Ver® Schleuderung des deutschen Geistesproduktes.« Man stellte dieses auf die gleiche Stufe mit Kali/ Kohlen, Farben und optischen Instrumenten und übersah, daß diese das Ausland unbedingt braucht, während das Buch dem Schweizer, dem Skandinavier wohl will® kommen aber kein unbedingtes Bedürfnis ist, bis auf einige wissenschaftliche Werke und Volksbildungs® mittel. Man ignorierte mit diesem Modewort, dem sofort ein patriotisches Mäntelchen umgehängt wurde, die eminent kulturelle und dadurch politische Bedeu tung der Überschwemmung des Auslandes mit dem deutschen Buch. Im Januar 1920 betrug der Preis des deutschen Buches durchschnittlich das Doppelte des Jahres 1914 und die Mark stand wenig über 5. Heute ist der Preis auf den 5—7 fachen Betrag gestiegen, die Mark steht auf annähernd 10 und derWeltmarktpreis ist bei unsern Büchern nicht nur erreicht, sondern überschritten. Dabei ist die Durchschnittsqualität besonders bei der belle tristischen Literatur eine traurige. Dieses Schlagwort von der Verschleuderung wurde von einer kleinen Gruppe — hauptsächlich wissenschaftlicher Verleger — erfunden, zu denen sich merkwürdigerweise ein großer belletristischer Verlag gesellte,- der an der Konjunktur hochzeit besonders lebhaft teilgenommen hatte. Solange die »Verkaufsordnung für Auslands® lieferungen« eine interne Angelegenheit des Buch® handeis war, wurde sie nicht allzu tragisch genommen und nur von einigen ängstlichen Gemütern beachtet. Auf Veranlassung des Vorstandes des Börsen vereins aber wurde diese Verkaufsordnung durch das Reich geschützt und mit drakonischen Strafen umstellt. Die Verkaufsordnung umfaßt 12 Paragraphen mit einer Reihe Hnterparagraphen und setzt kurz fol® gendes fest: Die deutschen Laden® und Nettopreise von Büchern sind entweder in die Währung des Empfangslandes umzurechnen oder durch einen Valutaausgleich bei der Berechnung in deutscher Währung zu erhöhen. Die Umrechnungskurse oder die Valutaausgleiche werden vom Vorstand des Börsenvereins für die einzelnen Länder festgesetzt und wurden in den ersten Monaten, in derMitte einer jeden Woche, seiteinigerZeiteninbe® deutend längeren Zwischenräumen im Buchhändler® Börsenblatt bekannt gegeben. Der Teuerungszuschlag derNotstandsordnung<Sortimenterzuschlag)istaußer® dem bei den Lieferungen zu berechnen. Der §12 be® stimmt die Verteilung des Valutagewinnes, indem er den Verleger 8 /* dem Sortimenter 1 U zuspricht. Diesem wird auferlegt, bei Bestellungen für Auslandsliefe® rungen solche entsprechend zu bezeichnen und dem Verleger mindestens monatlich einmal zu melden, welche zu Inlandspreisen bezogenen Waren sie von ihrem Lager für Lieferungen ins Ausland entnommen haben. Die Kontrolle dieses ganzen Apparates unterliegt der Außenhandelsnebenstelle für das Buchgewerbe, welche in den verschiedenen größeren Städten Zweig® stellen dieser Außenhandelsnebenstelle eingerichtet hat. Der Wiederverkäufer muß nun diesen Außenhandels® nebenstellen bei jeder Auslandslieferung die Berech® nung seiner Sendung in zwei® bis dreifacher Aus® fertigung einreichen und die Filialen bestimmen, ob die Berechnung des Sortimenters richtig sei oder nicht, d. h. ob auf den Ladenpreis der jeweils fest® gesetzte Valutaaufschlag richtig berechnet sei oder nicht, ob die Einreichung eines jeden Buches unter die vorgesehenen Ausnahmen berechtigt sei oder nicht, ob z. B. ein vergriffener Luxusdruck einen an® gemessenen Liebhaberpreis habe oder nicht, ob dies oder jene Werk — als Antiquariat, modernes Anti® quariat, Restauflage eingestellt — vor 1900 erschienen ist oder nicht usw. usw. Nun gab es bekanntlich während des ganzen Jahres 1920 bei den sprunghaften Preisänderungen der Verleger überhaupt keinen festen Ladenpreis. Der eine Sortimenter, welcher im Januar 1920 mit 50 Exemplaren eines gutgehenden Buches sich eingedeckt hatte, verkaufte dieses noch im Juli zu dem Januarpreis, in welchem Monat ein kleinerer Sortimenter für dasselbe Buch schon den doppelten Preis verlangen mußte. Der Preis dieses Buches war im Oktober aber schon wieder um 50% höher. Das früher mustergültige und maßgebende bibliographiche Hilfsmittel, der Hinrichs®Katalog und der Barsorti® mentskatalog, versagte oder erschien nicht. Es wurde also den Beamten der Außenhandelsstellen eine Wis® senheit und Weisheit zugemutet, die während dieses ganzen Jahres kein Sortimenter zu besitzen sich rühmen durfte. Ich lasse es dahin gestellt sein, ob bei der Be® Setzung dieserBeamtenstellenKräfte gewonnen werden konnten, die mit so überaus praktischen Sortiments® kenntnissen ausgestattet waren, daß sie das Wissen eines jeden Buchhändlers übertrafen. Wir sehen also, daß schon bei der Preiskontrolle die Valutaordnung versagen mußte und durchweg versagt hat. Es wurde uns ja sogar zugemutet, einem deutschen Kunden, der aus Gesundheitsrücksichten einige Zeit in der Schweiz leben mußte, diesen Valutaaufschlag zu be® rechnen. Nehmen wir nun einmal an, das Ausland hätte sich diese Preisaufschläge gefallen lassen und der E x ® port wäre durch den rechtmäßigen Handel weiterge® gangen, so gehört diePhantasie eines Wellsdazu, sich