107 Bonguereau (ebenda), Studien und Zeich* nungen. Korrekt, fad, süßlich. Raphaelersatz für die neuen Reichen. Charles Morin recte Winston Spencer Churchill (Galerie in der Rue Royale). Die Sensation. Ein Unbekannter namens Ch. Mo* rin, hat vier Ölgemälde »Szenen aus dem Sü den« eingeschickt und den Beifall der offiziellen Kritik gefunden. Hinterher stellt sich heraus, daß Morin nur ein Pseudonym des englischen Kriegsministers W. Sp. Churchill ist. Ach wenn sich doch alle Kriegsminister aller Staaten bald ausschließlich der Malerei widmeten! Der französische Staat und die moderne Kunst Die französische Revue »Les cahiers d'au* jourd'hui« veröffentlicht eine aus dem Jahre 1914 stammende Statistik moderner französischer Bilder im deutschen Musealbesitz. Es sind ihrer 200, die einen ausgezeichneten Überblick über die Entwicklung der französischen Malerei seit Ingres und Delacroix bieten. 1914 zählten die französischen Museen kaum 100 dem deutschen Besitz vergleichbareGemälde. Zu diesem Mißverhältnis hat die genannte Revue folgendes zu bemerken: Es gibt in Frankreich ein Institut mit der Auf gabe, den Staat daran zu erinnern, daß nur ein bestimmter Grad von Kunst geduldet werden darf, es gibt ferner eine Administration der Schönen Künste und Museumskomitees, die sich hüten, große französische Kunstwerke z. B. von Renoir oder Cezanne zu kaufen und manch mal zögern, dem Publikum zu zeigen, was man ihnen geschenkt hat. Es ereignet sich, daß der Staat, irgendeiner initiativen Drohung nachgebend, sich entschließt, ein Werk eines lebenden Malers zu kaufen. Er kauft zu niedrigem Preis, manchmal 10°/o unter dem Marktwert, seine Vorliebe für das Musee du Luxemburg hervorkehrend. Aber um das neue Werk aufzunehmen, müßte er eine Malerei zumindesten von Bouguereau, Lefevre, Detaille, Roll, Chabas oder was immer es an geotischer Berühmtheit gibt, ausstoßen. Die mit Rabatt erworbene Leinwand wandert also in irgendein Depot. Dort bleibt sie. M. Benedite macht keine Anstalten, sie dort herauszuziehen. Die Konservatoren der Pro vinzmuseen, die vielleicht ausgezeichnete Ge lehrte für alte Kunst sind, kennen von zeit genössischer Malerei nur die Jämmerlichkeiten der zwei offiziellen Salons. Sie hüten sich — wie z. B. der Konservator des Museums in Bordeaux — die Landschaft von Marquet, die ihm geschickt wurde, auszustellen oder von Paris die wenigen in den Kellern versteckten Werke auszubitten. Wenn ich Maler wäre und der Staat kaufte mir ein Bild ab, so würde ich seine Vorliebe für das Museum in Grenoble, wo M. Farcy sich bemüht die Werke der großen lebenden Maler zu sammeln, erbitten oder für die Museen in Nantes oder Straßburg, wo man scheinbar ähnliche Absichten feststellen kann. Oderauch: ich würde für meine Gemälde das Museum von Bagnols im Departement Gard verlangen. Dort wäre es in guter Gesellschaft. Ein Kantonal* Museum, gegründet 1860 vom Maler Alegre, einem Freund Hippolyte Flandrins, in Bagnol* sur*Ceze, das das erste, das beste französische Museum für zeitgenössische Kunst geworden ist. Sein Konservator ist seit einem Jahre der Maler Albert Andre. Er hat die von seinem Vor gänger gesammelten geologischen Kuriositäten der Gegend, die alten Porträts, die Fayencen und ausgestopften Vögel und die gemalten Schrecklichkeiten, vom Staat seit 25 Jahren ein* geschickt, in eigenen Vitrinen und Sälen unter gebracht. Dann hat er die Abteilung für zeit* genössische Kunst gegründet. Diese bestand seit 15 Jahren aus einer Land* schalt, dieDujardin*Beaumetzbei denlinabhän* gigen gekauft hatte, einer Ansicht von Saint* Tropez von Henri Matisse, welche der Bürger* meister von Bagnol übrigens in seine Samm* lung aufgenommen hatte. Heute finden die Reisenden, die von Orange, von Nimes, von Avignon zum Besuch nach Bagnols kommen, im Museum die Werke, welche