116 BÜCHER Paul Klee Katze mit Vogel <Aquarell> Idee, sa naissance, sa vie, sa mort. 85 images dessinees et gravees sur bois par Frans Masereel. Editions Ollen» dorf, Paris 1920. Masereel hat die »histoire sans paroles« in Holzschnitten neubelebt, anknüpfend an eine sehr ferne Vergangenheit der Graphik, der der Typus der biblia pauperum zugehört. Ja, was Masereel bezwedct, ist wahrlich eine biblia pau perum, allerdings eine für Menschen des 20. Jahrhunderts. Formal und inhaltlich sind seine Holzschnitterzählungen organisch der Gegenwart verbunden. Was sein Formales betrifft: es scheint nicht wie bei den meisten <um nicht zu sagen allen) Künstlern des 20. Jahrhunderts die Trophäe eines erbitterten Zweikampfes zwischen Individuum und Zeit zu sein, sondern ein von der Zeit empfangenes Ge schenk,- so wenig stellt sich hier der Gedanke an ein den Künstler im Atem haltendes Formproblem ein. Damit im Zusammenhang mag auch die stilistische Gleichmäßig keit der Schwarz-Weiß-Aufteilungen Masereels stehen,- dieser Künstler interessiert sich nicht für formalistische Experimente. Die Herrschaft über die Technik und die Fruchtbarkeit seiner bildepischen Phantasie genügen voll auf, um ein geradezu gigantisch dimensioniertes, stofflich inhaltlich unerschöpflich wechselndes Werk entstehen zu lassen. Masereel erzählt einfach, anschaulich, klar, scharf poin tierend. Seine Epik kennt nur die unaufhaltsam fort schreitende Handlung. Ein Bild geht in das andere über mit kinematographischer Schnelle, und doch ist jedes Bild ein in sich geschlossener Organismus. Aber um endlich das Wichtigste zu sagen: man nehme Masereel nicht von der ästhetischen Seite <man kann es natürlich tun), sondern man betrachte seine zu Erzählungen verknüpften Blätter wie die Bilderbogen, die uns im Kindesalter erfreut haben. L. Z. Orbis pictus <Weltkunst-Bücherei, herausgegeben von Paul Westheim). Ernst Wasmuth, Berlin 1920. Die gegenwärtige Verlagstätigkeit in Deutschland scheint im Zeichen eines neuen Alexandrinismus zu stehen. Der Kunst- und Kulturboden aller Zeiten und Völker wird eifrigst nach noch unbehobenen Schätzen durchwühlt/ daß dabei Exkursionen nach Asien überwiegen, erklärt sich zwanglos aus der ganzen seelisch-geistigen Konstel lation der Zeit mit ihren mystisch-religiösen Sehnsüchten, ihrem betonten Irrationalismus, ihrem künstlerischen Im materialismus. Ein Verlagsunternehmen wie die Sammlung »Orbis pictus« entspricht nur dem Gebot der Stunde. Hier wird der geglückte Versuch zu einer volkstümlichen, wohlfeilen Enzyklopädie »der Kunst aller Völker und Zeiten« unter nommen. Jeder Band enthält eine knappe sachliche Ein leitung zu den 48 <oft ausgezeichnete) Reproduktionen umfassenden Bilderteil. Bisher sind erschienen: »Indische Baukunst« (Paul Westheim), »Altrussische Kunst« (Fan- nina Halle), »Archaische Plastik der Griechen« (GrafUx- kull) und »Die chinesische Landschaft« <A. Salmony). Auf die auch textlich bedeutsamste Publikation der Serie — den Band »Altrussische Kunst« von Fannina Halle, einer Russin, die ihre wissenschaftliche Ausbildung der »Wiener Schule« verdankt —, sei mit besonderem Nachdruck ver wiesen. Herman Sörgel: Architektur-Ästhetik. Eine Architektur-Ästhetik nennt Herman Sörgel ein Buch, dem er den bescheidenen Untertitel »Prolegomena zu einer Theorie der Baukunst« gegeben hat. Sörgel hält mehr, als er verspricht,- er gibt in der Tat eine, wenn auch ge drängte, so doch umfassende Darlegung einer baukünst lerischen Ästhetik. Im ersten, historischen Teile setzt er sich mit dem Vorhandenen auseinander und gibt so eine bequeme Übersicht, die den großen Vorzug hat, interessant zu lesen zu sein. Schöpferisch wird Sörgel erst im zweiten Teile, den er den theoretisch-methodischen nennt. Hier weist er der Raumerkenntnis einen neuen Weg, der bei der Architektur zu ganz anderen Ergebnissen führt, als bei der rein plastischen Kunst. Teils im Gegensatz und teils im Weiterbau der Hildebrandsdien Theorie erblickt er das Wesen des baukünstlerischen Problems in der kon kaven körperlichen Erscheinung und führt diesen Gedanken auch für die Außenarchitektur in konsequenter Weise durch. Lernen wir den Verfasser bei diesen erkenntnis theoretischen Fragen zunächst als klaren Denker kennen, so tritt er uns endlich im dritten Teile als fein empfinden der Künstler entgegen. In diesem »praktisch-angewandten« Teile zieht er die Nutzanwendungen aus den und jenen