118 Das Klee-Buch. Von Leopold Zahn. <Verlag Kiepen- heuer, Potsdam.) Idi mag eigentlich Kunstbücher nicht. Sie werden ja doch meistens geschrieben, weil der Verfasser ein sehr kluger und witziger Mann ist und uns dieses nun zeigen möchte. Es fragt sich aber, ob Bescheidenheit nicht viel klüger ist! Das war der Grund, der mich ein wenig ängstlich auf ein Buch über den Paul Klee und seine Kunst warten ließ. Nun liegt es vor mir,- Leopold Zahn, der dem Meister nabesteht, hat es geschrieben. Es ist ein einfaches und gar nicht eitles Buch, nur da kompliziert, wo es Klee selber ist. Sehr viel wird der selbst zitiert. Wir werden dieser sen siblen Gemütsstruktur nabegebracht und hören aus seinem eigenen Munde manches erklärendeWort, z.B. in dem gut gewählten Tagebuchauszug. Indes uns Zahn die Entwick lung des Meisters vom Zeichner phantastischer Grotesken bis zu seinem »Kosmischen Bilderbuch«, wie der Verfasser trefflich die gesamte letzte Schaffensperiode Klees kennt, demonstriert. Wir wollen nun nicht glauben, der Autor habe keine eigenen Gedanken über das Schaffen dieses so viel Befeindeten. Er nimmt es sogar sehr ernst damit, geht tief auf den Urgrund des schöpferischen Quells und weiß klug die wesentlichsten der Gründe zu finden. Sehr schöne Stellen aus Laotse sind auf Klee bezogen von tiefem Sinn, Zahn bringt sie uns. Auch weiß eres gut herauszuarbeiten, wie die Malerei Klees eine typisch deutsche ist in ihrer Gedanklichkeit und einem rein geistigen Wollen. Dieses wiederum entschuldigt auch den Verfasser, wenn er oft allzusehr ins Gedankliche, Metaphysische (dessen Klärung dem Deutschen eben vor allem wichtig) abschweift und wir vielleicht einige eingehende Worte über die Qualität des rein Malerischen vermissen. Dieses Buch aber ist ein er freuliches Dokument — und das erte — für diesen unseren großen Meister, von dessen Bildern es eine Unzahl in guten Reproduktionen mit sich führt. Helmud Kolle. EingelaufeneBüdher. Hugo Zehder: Kandinsky. Verlag Kaemrfierer, Dresden. Otto Grautoff: Die neue Kunst. Verlag Karl Sigis mund, Berlin. Otto Grautoff; Französische Malerei seit 1914. Mauritius-Verlag, Berlin. Gustave Coquiot: les independants 1884—1920. Ollendorf, Paris. Oeuvres de l'ecole franc^aise moderne (Katalog der Versteigerung Leonce Rosenberg in Amsterdam am 22. Februar 1921). Dr. Friedrich Bie; Ästhetische Weltanschauung im XIX. Jahrhundert. Julius Boltze, Freiburg 1921. Prof. Dr. F. Rachfahl: Don Carlos. Julius Boltze, Freiburg 1921. SerneriZumblauenAffen. P. Steegemann, Hannover. KlabundiMarietta. P. Steegemann, Hannover. Engerth: Schwabinger Köpfe. P. Steegemann, Han nover. NOTIZEN Die Neue Kunst und die Deutschen Städte <Ein Nachtrag) JENA Jena hat seit etwa zehn Jahren einen Kunstverein, der es mit den neuen Erscheinungen der Kunst bekannt machte. Die Künstler der Dresdner »Brücke« waren es vor allem, die durch die Freundschaft E. L. Kirchners mit dem Jenaer Archäologen Botho Graef frühzeitig zu Jena Beziehungen gewonnen. Botho Graef, der leider auch ein Opfer des Krieges ward, hat zu einer Zeit als für einen Kunsthisto riker noch recht viel Mut dazu gehörte, durch populäre Vorträge viel zum Verständnis der Neuen Kunst beige tragen. Seine damals mehrfach heiß befehdete Meinung wirkte trotzdem so nachhaltig, daß man noch heute nichts anderes gelten läßt, als den vor zehn Jahren von ihm in erster Linie geschätzten Künstler: Kirchner und die Brücke, Nolde, Munch, Haller und dessen Nachfolger. Die Bilder wurden sogar gekauft. Der Kunstverein brachte es dank der Initiative des Herrn Dr. Grisebach ziemlich frühzeitig — meist durch Stiftungen von Künstlern — zu einer recht schönen Samm lung, die Bilder von Kanoldt, Erbslöh, Kirchner, Heckei, Nolde (aus dem Nachlaß Graef), Hodler, Amiet, Gia- cometti umfaßt — August Macke, der auch durch persön liche Beziehungen mit Jena verbunden war, vermittelte dem Kunstverein ein Bild von Franz Marc und gab ihm zwei seiner eigenen Bilder. In den letzten Jahren kamen noch Stiftungen von Albert-Bloch, Stuckenberg und Gleich mann u.a. hinzu, von Campendonk konnte ein Bild käuf lich erworben werden. — Der wertvollste Besitz des Kunst vereins die Botho Graef-Gedächtnisstiftung, enthält bei nahe lückenlos Kirchners graphische Werke — vom Künstler ständig ergänzt — das vielleicht jetzt zum ersten Male in Deutschland in dieser Vollständigkeit vorhanden ist. Trotz allem hat der Kunstverein eigentlich kein Publikum. Von den etwa 3—4000 Intellektuellen, die die Universi tätsstadt bevölkern, sind etwa 120 Mitglieder des Kunst vereins. Vielleicht 40 davon besuchen ihn, 20 schätzen hn, solange es sich nicht um jüngste Kunst handelt — dann geht vielleicht ein halbes Dutzend mit. Das Interesse der Studenten war im Kriege sehr viel reger als jetzt, die Politik nimmt sie offenbar zu stark in Anspruch. Be sonders niederschmetternd war die Verständnislosigkeit und der Boykott der »Kunstfreunde« gegenüber der großen Kleeschau, die trotz weitgehendster Aufklärungsversucfae in Jena fast keine Wirkung übte. Das gleiche galt früher für Marc, heute für Bloch-Chagall-Molzahn-Stuckenberg- Schrimpf-Gleichmann-Feininger und so viele andere. Bei