175 Geffert, Christian, Fürchtegott, Fahefn, mit hoforierten Hofzschnitten von R. Seewafd, Fritz Gurfitt, Berfin 192o. Druch hei Otto v. Höften, Berfin. In drei Ausgaben. Seewafd, Richard, Biere und Landschaften mit Zeichnungen vom Verfasser, Fritz Gurfitt, Berfin, lf)21. In der Geschichte der neueren Buchillustration sind die vom Maler Seewald illustrierten Bücher bemerkenswert als Übergangserscheinungen, als Werke einer Zeit, die sich abwendet von der rein stimmungshaften Wiedergabe seelischer Emotionen, die von neuem Verbindung sucht mit dem körperlich Wesenhaften und Tatsächlichen der sichtbaren Welt, wenn sie diese auch letzten Endes doch immer wieder nur als Symbol, als Epiphanie metaphy» sischer Wahrheiten zu schätzen vermag. Daß hier der bildende Künstler nicht etwa eigenwillig sich außer die Zeit stellt, sondern mit der Dichtkunst sich eins weiß, braucht wohl nicht besonders erwähnt zu werden, hier wie dort scheinen wir in einer Entwicklung befindlich, die ober» flächlich gesprochen, als Reaktion auf genugsam ausge kostete Stimmungsmalerei wieder Tatsächliches im Sinne einer neuen Handlungsfreudigkeit zu bringen gewillt ist. Man freut sich wieder an der Tat, an Abenteuern und Reisen, an Märchen und Sagen, die in Erinnerung an eine schönere und unmittelbarere Aufnahmsfähigkeit in der Jugend auch dem durch das Leben abgestumpften Geist oft mehr zu bieten vermögen, als tiefgründige oder ästhe- tizierende Romane der ausgehenden Dekadenz. Um die Illustrationen, die Seewald zum Robinson des Defoe <Goltzverlag, München 1920), gezeichnet hat, richtig be urteilen zu können, ist es vielleicht notwendig, sich wieder in die Jugendzeit zurückzu versetzen, denn nicht anders ist dieses von soviel Tausend Knabenherzen glühend mit erlebte und beneidete Schicksal eines Schiffbrüchigen ganz zu verstehen, wo nur Erlebnis ist und nur Handlung, wo jedes Detail auf innig mitfühlendes Verständnis rechnen darf. In diesem Sinne sind die Zeichnungen, die Seewald in der Einsamkeit des molino del Brume bei Askona an fertigte, wundervoll, wenn auch nicht gleichwertig, weil sie trotz aller naiver Versenkung in das Abenteuerliche des Stoffes diesen doch stellenweise noch zu sehr vom Standpunkt des Erwachsenen gesehen haben. Bei manchen Bildern ist die Situation vielleicht noch zu impressionistisch erfaßt oder zu sehr nur angedeutet, wo der Knabe auch auf das nebensächliche Detail, das seiner Phantasie entgegen kommt, Wert legt. Herrlich ist, um nur eines zu nennen, die Darstellung des Schiffbruchs in der Schilderung des Schreckens einer Katastrophe, die sich an den felsigen Riffen einer einsamen Insel in fernem Meere vollzieht. Die verwendete Tiemann Fraktur paßt sich im allge meinen den Illustrationen recht gut an,- wenn nun das Satzbild der einfachen Ausgabe trotzdem nicht ganz be friedigend wirkt, so liegt dies vor allem an dem zu schmalen weißen Rand und an der nicht immer glücklichen Vertei lung der Zeichnungen im Satzbild — Einwände, die nicht verschwiegen werden sollen, da gerade dieses Buch, das zu den besten Illustrationswerken der letzten Jahre gezählt werden darf, das strengste Maß verlangt. Der Kalbleder einband der teuren Ausgabe von FriedaThiersch in München ist außerordentlich geschmackvoll und technisch einwandfrei ausgeführt, weniger gelungen erscheint mir dieFarbenzu- sammenstimmung von Lederrücken und Buchdeckel der einfachen Ausgabe, auch die Vignette auf der Vorderseite wäre meines Erachtens besser fortgeblieben. Leider wird dieses köstliche Buch, soweit es überhaupt noch erreichbar ist, wohl zum größten Teil in die wohlbehüteten Schränke der Bibliophilen verschwinden und nur selten das Auge eines Jungen ergötzen, wenn er nicht von guten biblio philen Eltern ist. Penthesilea, Trau erspiel von Heinrich von Kleist mit 31 Lithographien von R. Seewald. Goltzverlag, München, 1917. Man kann Theaterstücke auf zweierlei Art illustrieren, sei es, daß man die Dichtung begleitend Bilder in den Text fügt, die den Phantasien des Dichters bildlichen Ausdruck verleihen, und formal wie inhaltlich enge mit dem Dicht werk verbunden sind, sei es, daß man das Theater in den Vordergrund stellend, Kostüm- und Szenenbilder an den Text schließt. Seewald hat die erste Art der Illustration gewählt. Er hat es verstanden, durch ganz leichte, rokoko haft anmutige Zeichnungen, die wie zwischen den Text hingestreute und mit diesem innig verbundene Ornamente wirken, dem Leser anmutige Abwechslung zu bieten. Auch die ganzseitigen Illustrationen halten immer formal wie inhaltlich den Zusammenhang mit dem Text aufrecht. Leider wird die graziöse Leichtigkeit ihres Linienschwunges allzusehr durch eine etwas schwere Kolorierung gemindert. P. Vergili Maronis Bucolica Ecloga I —X mit 30 Lithographien von R. Seewald. Georg Müller, München, 1919. Francis Jammes, Der Hasenroman mit Litho graphien von R. Seewald. Kurt Wolff Verlag, München. Der arme Heinrich mit Lithographien von R. See wald. Einhorn Verlag, Dachau. Wer jemals die Katakomben Roms durchwanderte oder die Sarkophage des 3. bis 6. nach christlichen Jahrhunderts in Ravenna oder Arles betrachtete, dem sind die Symbole durch die das frühe Christentum seine heiligen Mysterien darzustellen pflegte, geläufig,- er wird an sie erinnert, wenn er die Bucolica des Vergil, die Seewald mit Lithographien versah, durchblättert und — eine genügende klassische Bildung vorausgesetzt — auch lesen kann. Virgil ist nicht der Einzige unter den heidnischen Dichtern, bei denen sich die dem Transcendenten und einer neuen Heilslehre zu neigende Gemütsverfassung des ausgehenden Altertums in geheimnisvoller und oft unbewußt scheinender symbo lischer Art ankündigt. Buchtechnisch wäre der Vergil einwandfrei, wenn man nicht für die ganzseitigen Lithographien ein Papier gewählt