264 Die Farbe geht inzwischen ihren eigenen Weg der Befreiung- Sie reinigt sich von den Mischtönen. Sie wächst an Ausdrucks Verdichtung, vergeistigt, ver* dünnt sich nach Seiten der chemischen Zusammen* Setzung. Sie gewinnt eine Lauterkeit sondergleichen. Allgemach vermag sie dann losgelöst vom Gegen* stände zu bestehen. Ihre nennende, signalisierende Kraft schafft mit Gegenständen und Ausgleichen, mit plötzlichen Hervorbrüchen und hinschwindenden Dämmertiefen ganze Gesänge des Leuchtens und Flutens, und diese reinen Stimmungsergüsse werden niemals in verhohlener Fühlungnahme mit dem Be* schauer auf ein vorab gebilligtes Programm festgelegt. Am Ende vereinigt sich die Farbe wieder mit der Zeichnung. Im Ansätze des Pinsels, in der Führung der zeichnerischeu Linie ist nichts mehr übrig, was den Blick auf das Ich des Künstlers frei gibt, Ganz rein und namenlos tragen die innere Erfahrung, trägt das hochgesteigerte Können sich selber vor. Es ent* stehen jene reichen, prangenden Farbenkompositionen, deren künstlerische Ballung so stark gespannt ist, daß sie des Zusammenhaltes des Holzrahmenvierecks nach derWeise des Staffeleibildes nicht mehr bedürfen. Ihre figürliche Fülle wird von der eigenen Mitte her gegliedert und abgegrenzt. Die Stilregeln des Flä* chigen walten in ihnen derart lebendig, daß dieWand* ebene, allwo diese Malereien ihren Platz finden, erst durch sie aus der baukörperlichen Erstarrung geweckt wird. Mit Arbeiten auf Äthernit, mit Glasfenster* gemälden und Mosaikeintäfelungen hat die Künst* lerin noch obendrein bewiesen, welche Möglichkeiten sich hier für die Wiederannäherung zwischen Malerei und Baukunst für die Wiederaufhebung des alten, selbstlosen, menschlichen Werkstättengeistes in der Kunst eröffnen.. Im Haag. F. M. Huebner. Museumsfragen Die am 5. Februar 1919 ernannte Reichskommis* sion, Vorsitzender Dr. M. I. Duparc, Haupt der Abteilung Kunst und Wissenschaft am Unterrichts* ministerium, hat neulich ihren Rapport veröffentlicht in Bezug auf die Umgestaltung des niederländischen Museumswesens. Sie betrachtet den gesamten Be* stand der holländischen Museen als ein organisches Gebilde und von diesem Gesichtspunkt ausgehend, beabsichtigt sie eine Einteilung in drei Kategorien von Gegenständen, je nach der Art des vorhandenen Materials. Erstens will sie eine Sammlung herstellen, die nur dasjenige umfassen soll, was an Schönheits* wert ganz hervorragend sei, ohne dabei zu berück* sichtigen, aus welcher Periode es herkommt oder in welcher Technik es ausgeführt sei. Zweitens käme alles dasjenige in Betracht, was kunsthistorischen Wert hat und drittens ist ein historisches Museum vorgesehen. Es handelt sich also darum, aus allen Museen dasjenige zu wählen, was sich als höchste Kunstäußerung auszeichnet. Ferner sollten aus dem Ryksmuseum in Amsterdam solche Gemälde zu* sammengebracht werden, welche bedeutend sind als Beiträge zur Kenntnis der niederländischen Geschichte,- sie müßten den Kern bilden für das Niederländische Historische Museum, und dazu sollten Porträts und Dokumente gefügt werden, die sich auf diese Ge schichte beziehen. Beide Museen, sowohl das Histo* rische als das Allgemeine Kunstmuseum sind in Amsterdam gedacht. Daneben käme in Betracht ein Museum für Kunstgeschichte, wozu im Ryksmuseum auch nach der vorangehenden Trennung noch genügend Material vorhanden bliebe. In dieser Weise wären die beiden Strömungen der Geschichte, die politische und die Entwicklungsströmung von einander getrennt und doch im Zusammenhang zu studieren. Die Vor* und die Frühgeschichtlichen Abteilungen des Historischen Museums müssen in Leiden bleiben, wo der Anschluß besteht mit dem archaeologischen Museum, der unentbehrlich ist,- das Ethnographische Museum aber könne nach der Ansicht der Kommis* sion in Leiden nicht die erwünschte Entwicklung er* halten, wäre deswegen besser im Haag untergebracht. Das Prinzip, das aus den verschiedenen Erwä* gungen hervorging, führte zu Konsequenzen, die das Zusammenarbeiten der großen und der lokalen Mu* seen beeinflussen und fördern mögen, indem der Vor* stand des Zentralen historischen Museums sich ver* pflichtet, den Leitern der lokalen Sammlungen Auf* Schluß zu erteilen. Durch zweckmäßiges Austauschen des Materials, wobei an der einen Stelle das Über* schüssige abgegeben wird zur Ausfüllung von Lücken anderwärts, dann wieder von dort aus ersetzt wird, mit dem was da zu viel in anderer Beziehung vor* handen ist, würde der Gehalt dieser kleinen Samm lungen gehoben und ein fast idealer Zustand er* reicht sein. Sogar für die großen Museen ist Austausch er* wünscht in solcher Weise, daß nach einer bestimmten Anzahl von Jahren die Gegenstände des Allgemeinen Kunstmuseums wieder ihre Stelle einnehmen können da wo sie historisch hingehören, um also den Platz frei zu machen für andere, die auch ihrer Schönheit wegen für das Kunstmuseum in Betracht kämen, entweder die schon in Museen vorhandenen oder Neuerwerbungen.