289 Gecficßte und Zeichnungen eines Dienstmädchens München, Herbst 1921 AUS MEINEM LEBEN Man sagt von mir, ich sei ein gfücfficher Mensch. Es geht mir aber wie jener Teder, die aftes Gute und Böse des Menschen, der sie berührt, sofort niederschreiht. Oh dies wahr sei, hat noch niemand erproben woffen. Tatsache ist, dass ich am 5- Januar 19oo auf dem Schtoß am Berg im Vorarfhergerwafd gehören wurde. Mein Vater behauptet: „hei heftem Mondschein ”. Wahrscheinfich hätt er sonst nicht nach Hause gefunden. Das „Schfoß” war so aft, daß wir miete frei wohnten, eine Stütze für die fetzten Reste. Mein Vater war nämfich damafs Orgefhautischfer. Mittferweife ist er Sargtischfer geworden, was eine sicherere Lehenssteffung ist. In meiner Kind*Heimat war man immer auf den Wiesen oder im Erdheerenhag oder hofte aus dem Wafd die ffeinen dichen Pifze. Affes nötige Hofz schfeppten wir Kinder der Mutter zu. Oder verdienten Gefd, indem wir mit einem Wägefchen die Landstraße auf und ah schoben und einscharrten, was Pferd und Kühfein faffen fieß. Wir waren fanatisch hinter jedem Tuhrwerf her. Außerdem war ich so sehr fromm undsprang in Brenn* nessefn, meine Sünden zu büßen. Ich dichtete. Ein Kapuzinerpater hatte mich fieh und schichte mir viefe Briefe mit gepreßten und aufgehfehten Bfumen. Landschaften, Vögef, Heifige, affes aus bunten Bfumen* hfättern. Afs er starb, vererbte er mir diese Leidenschaft. In Linz an der Donau machte ich Theaterstüche für meine Lehrerinnen. Das Wort: überschwänglich ist die Note meiner Schulzeit gewesen. Meiner Mutter Nähmaschine haben wir für sechs Marh verhäuft. Das war das Schlimmste in meinem Lehen. Nach Mutters Begräbnis zogen wir Kinder nach Bresfau. Ich war vierzehn Jahre und war begeistert von der hochdeutschen Sprache. Affe Verwandten besaßen ein Grammophon und hei „Neger* fieder an die Heimat ” mußten wir vief weinen. Ich weinte dann wohf noch öfter ohne Grammophon, afs ich in Steffung ging zu einer „affein stehenden Dame ”. Aber sie hatte fünf Zimmerhern. Sonntags versetzte ich ihre Bierflaschen und fuhr Efehtrische. Meine Tante nahm mich mit nach Oswitz in grüne Bäume undKafvarienherg. Dort aßen wir Eisbeine. Ein andermaf gingen wir durch die Tefder vor Bresfau, wo der Mörderfriedhof fiegt, inmitten von Korn und Wiesen. Und Tante bannte jede Geschichte der Gräber, auf denen dein Kreuz steht. Ich dichtete. Mein Gfüchsstern brachte mich in die Mafschüfe Wasner und ich wurde Atefier=Paufa. Stand Mode ff, föchte Tee, putzte und behütete Wohnung, Bifder, Pinsef und Pa fetten. Nie aber wäre ich auf den Ge* danfen gefommen, sefhst zu mafen. Ich besuchte die Bresfauer Dichterschufe. Erst afs ich meinen Sohn hefam und er so schön aussah, woffte ich den B feistift zur Hand nehmen. Statt dessen stürzte ich zum Photographen. Nur einmaf, afs sein Vater zum Abschied fam, wagte ich es, und zwar an meinem Sohne sefhst, indem ich ihm die Bäcfchen anmafte mit Rose*pon=pon. Sein Vater fam und sagte: „er hat so schöne rote Bäcfchen ”. Sonst nichts. In meiner Schwangerzeit ging ich handeln mit Woffe undSchuhhändefn. Wenn ich morgens durch den Schneewafd stampfte einem fernen Dorf zu, von Hof zu Hof, dann vergaß ich mich sefhst vor fauter Eifer und fieß mich von Bauern, die nichts fauften, zu Syrup und Kartoffefn ein faden. Ich war so Wucher süchtig, fonnte faum den nächsten Meilenstein erwarten, auf den ich mich setzte und immer wieder Ware und Marfscheine zähfte. Manchmal neigte ich mich hin auf dem Heimweg und dachte nach. Später, im Trüb fing, hfieh ich wohf unter weißen Kirschhäumen sitzen und dichtete. Von Schfesien aus pachte ich mein Kind in ein Wäscheförhchen undzog nach München und stand wieder Mode ff. Wir wohnten im Mütterheim und ich schrieb „ Die sefige Spur ”, meinen ersten Gedichthand. Unter Kafsers Leitung spiefte ich die Trau im Totengräber von Tefdherg, eine wunderbare Auf* führung im Abend* Garten. Einmaf hie ft ich in Vertretung der Tifmhörse eine große Rede. Sonst erreichte ich nichts heim Tifm. Dann verbesserte ich meine Karierre. Nun habe id> an den Kammerspiefen zu tun.