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ZEITFRAGEN
Das Museum und die Schule
Von
Alfred Kuhn
Das Problem Jugend und Kunst dedct sich nicht mit dem Problem Jugend und Museum.
Das Kind, das beißt der jugendliche Mensch vor der Geschlechtsreife, interessiert sich nicht für
Kunst, sofern sie Erlebniskunst ist. Einerseits fehlt dieeer Zeit noch jede sentimentale Einstellung,
auch der Natur gegenüber, und anderseits sind die Sensationen, die die hohe Kunst bietet, dem
Kind nicht stark genug. Die Erlebnisse, die es verlangt, müssen buntfarbig, laut, ja man kann ruhig
Georg Kars
»Zitronenpackerinnen« <Gem.>
sagen indianerbaft sein. Quartaner oder Tertianer vor einen Raffael oder Rembrandt führen und
ihnen die Größe und Hoheit solcher Werke erklären wollen, hieße etwas durchaus Verfehltes
beginnen. Damit aber ist die Beziehung von Tertianer und Museum nicht erledigt. Gerade in diesen
Jahren ist der Sehhunger solcher kleinen Menschen überaus groß. Die Welt wird von ihnen durch
Aug' und Ohr erobert. Dem haben Unterricht und Museum Rechnung zu tragen. Das naturhistorische
und das phyletische Museum unterstütze die Naturgeschichte, das Völkerkundemuseum die Geo
graphie, das Kunstmuseum und Prähistorische Museum unterstütze die Geschichte. Es ist bekannt,
daß der historische Unterricht, so wie wir ihn in unsern Knabenjahren genossen haben, reform
bedürftig ist. Einer der ersten Revolutionserlasse des preußischen Kultusministers ordnete deshalb
auch die Umwandlung des politischen Geschichtsunterrichtes, der zumeist in einer Aneinander
reihung von Herrscherdaten, Erbverträgen, Kriegen und Friedensschlüssen bestand, in einen Kultur
geschichtsunterricht an. So gut gemeint der Erlaß war, so wenig hat er gefruchtet, weil die Mehrzahl