zwar diesmal in einer Richtung, die eine Reaktion
auf die Bestrebungen des Impressionismus be
deutet, ich meine in der Verfestigung und Ver®
einfachung des Dargestellten, in einer Abstrakt
tion, die schon hinüberleitet zu den, wie es heißt,
klassizistischen Tendenzen der jüngsten Kunst.
Auch dieser neue Sinn für das körperlich Ruhende
kündigt sich schon in den Südseeskizzen Pech
steins deutlich an.
Ausstattung, Druck und Papier auch der ge
wöhnlichen Ausgabe sind einwandfrei.
Anders wirkt das Exotische und anders das
Primitive bei Schrimpf. Hier ist das Einfache und
Unkomplizierte nicht Reaktion, sondern Wesen
eines ganz ursprünglichen Menschen. Ich weiß
nicht, ob Schrimpf je mit tropischen Völkern, es
sei denn auf Ausstellungen, in Berührung ge
kommen ist, jedenfalls sind seine Zeichnungen
mehr Schrimpf als Südsee, was in diesem Falle
eher Lob als Tadel bedeuten kann. Wie sehr
gerade Schrimpf berufen war, die liebliche Fabel
Bruns in Bildern darzustellen, wird jeder er
messen können, der die unbewußte und reine
Kindlichkeit des Malers aus seinen früheren
Werken kennt.
Ähnliches läßt sich von Otto Langes kolorierten
Holzschnitten zum gleichen Thema nicht sagen.
Der dicke Farbenauftrag, besonders aber die von
Lange so sehr geliebte Goldauflage nimmt den
Blättern sehr oft fast ganz den Charakter des
Holzschnittes. Die Farbenzusammenstimmung
finde ich eher barbarisch als exotisch oder primi
tiv, die Formgebung meist so unklar, daß es oft
schwer fällt, die Bedeutung der stacheligen Linien®
Verflechtung zu erkennen.
Guido Kaschnitz.
BÜCHER
Karl Einstein: Negerplastik <2. Aufl. Kurt Wolff-
Verlag 1920).
W. Hausenstein: Exoten <Eugen Rentsch-Verlag
Erlenbach-Zürich).
E. v. Sydow: Exotische Kunst <Klinkarth ® Bier»
mann, Leipzig 1921).
Diese Bücher vor allem sind aufschlußreich für unsere
Beziehung zur exotischen Kunst. Karl Einstein entdeckt
in der Negerplastik »einen bedeutenden Fall plastischen
Sehens«. Die Voraussetzung aller Plastik, der kubische
Raum, der während der abendländischen Entwicklung in
Vergessenheit geraten war, ist für die afrikanische Form»
bildung das Entscheidende. Diese Wertung ist auch den
französischen Kubisten geläufig,- was aber die Bemühungen
dieser Maler von der Negerplastik, an der sie sich orien»
tierten, unterscheidet, ist der Gegensatz von Realismus
und Abstraktion.
Es ist bezeichnend, daß für die französischen Künstler
die formale Seite der Negerplastik eine fast ausschließliche
Bedeutung gewonnen hat, sehr zum Unterschiede von der
deutschen Einstellung, für die seelische Beziehungen das
Ausschlaggebende sind.
Wilhelm Hausenstein, der sein Buch mit einem »Der
Maler und die Wilden« überschriebenen Essay einleitet,
stellt die Auseinandersetzungeines ihm befreundeten deut»
sehen Malers mit der exotischen Kunst als Fall von allge®
meiner Bedeutung hin. Aber diese Auseinandersetzung
entspringt hier nicht formalen, sondern rein seelischen
Nöten. »Er nahm, der Europäer, in sich selbst erschüttert,
die Kraft der Wilden und warf sie auf seine Seite, So
rettete er sich,- so fühlte er sich,- so wurde er gespannt.
So blieb die Hand ihm am Griff des Lebens.« Das Buch
Hausensteins will uns die Seele des Wilden erkennen lassen:
deshalb greift es zu den Märchen der Indianer, Südsee®
insulaner, Indier und Neger. Das Phantastische und Dämo
nische dieser Erzählungen setzt sich in den von dem Maler
Rene Beeh ausgewählten Bildwerken (aus dem Münchner
Museum für Völkerkunde) in eine oft erschreckende An
schauung um.
Am systematischsten und instruktivsten behandelt E. von
Sydow das Problem der exotischen Kunst. Er beleuchtet
es von den verschiedensten Seiten. Einleitend charakte
risiert er unsere heutige Einstellung, die sich aus einer Sehn
sucht nach der einheitlichen Grundlage des Lebensgefühls
ergibt. Dann zieht er eine historische Parallele: die sehn
süchtige Hinwendung der Generationen Winckelmanns
und Goethes zur Antike. »Statt Griechentum heißt jetzt
die Losung: Südsee-Afrika! Primitiver Exotismus.« »Das
Weltbewußtsein der Primitiven ist Gegenstand des dritten
Abschnittes. Es wird als ein mystisches Weltbewußtsein
erkannt. Zu einem solchen aber versucht sich auch der
moderne europäische Mensch durchzuringen. In dem näch
sten Kapitel werden die Beziehungen der Kunst der Primi
tiven zu religiösen und sozialen Einrichtungen klargelegt.
Anschließend daran folgt eine das Unterschiedliche heraus
arbeitende Charakterisierung der afrikanischen und ozea
nischen Kunst.« In Afrika herrscht entweder der
strenge, starr-monumentale Zug, der seelische Differen
ziertheit nur ahnen läßt, oder die naturhaft starke, auf
schwellende Lebendigkeit des Ausdrucks. In Ozeanien