Gfossen 127 besinnen, daß die Frauen, wo immer sie zur Herrscherrolle gelangten, schon von der alten Dido her sich fast immer glänzend bewährten und große Regentinnen waren, sei es, weil das Regieren gar nicht so schwer ist, oder, da es erwiesenermaßen so außer* ordentlich schwer ist, weil sie vielleicht zu regieren berufen sind, weil dies vielleicht <hört! hört!) sogar ihre Spezialität ist. Es gefällt mir an den Engländern, daß sie einem Impuls der Selbsteinkehr folgend, mitten in die politische Debäcle hinein, als die ersten zur Berufung des ersten weih* liehen Diplomaten sich entschlossen haben. Bei uns dagegen heißt es jetzt, die Un* politischen müßten politisiert werden, aber dieser Ruf, so berechtigt er auch ist, er* geht so spät, daß auch schon die Stunde für eine Selbsteinkehr der Politik selbst geschlagen hat. Denn was diese noch nicht wahrhaben wollte, war längst in das Be* wußtsein der Völker eingedrungen. Ein Beweis dafür sind gerade jene jüngsten Völker, die in letzter Stunde auf den Schau* platz der europäischen Geschichte traten. Rakowsky, der große Vorkämpfer für einen Balkanbund, erblickte die Gewähr für eine nationale Befreiung und Vereinigung bei den Balkanvölkern und nicht bei den Balkanstaaten — und 10 Jahre später, 1874, schrieb Karawelow: »Die Haupt* Ursache der bisherigen Sklaverei ist die, daß die dhristlidien Nationen auf der Balkan* halbinsel, sowie alle andern Völker und Nationen betrogen sind, weil sie Hilfe, Unterstützung und Heil von den europäi* sehen Kabinetten erwarteten, und am meisten von Rußland« und Botjow: »Wenn die Regierung eines jeden Volkes den Aus* druck seines eigenen Willens und . seiner Bestrebungen gewesen wäre, so hätten selbstverständlich Serbien, Griechenland und Rumänien, sowie Montenegro längst ihre Staatsgrenzen überschritten und den Bul* garen geholfen — aber, wie es scheint, haben die Regierungen dieser Staaten sich bisher mit nichts anderem befaßt, als mit der Nachahmung der klugen Devise eines Metternich: »Divide et impera!« Und sich gleicherweise gegen den Panhellenismus Griechenlands wie gegen die großserbischen Ideen wendend klagt er diese Staaten an, daß sie der Idee eines brüderlichen freien südslavischen Bundes entgegen seien. Die Neulinge, die das schrieben, nannte man Revolutionäre, Und warum wollten sie das Unmögliche? Gewiß nicht, weil es unmög* lieh war, sondern weil die Großmächte ihr Prestige von so rationellen Bewegungen mit Recht bedroht sahen, sie also nieder* hielten und ihren vorchristlichen Kurs bei* behaltend, das Dogma von einem Balkan* Wetterwinkel aufstellten und die Völker mit weiser Miene dahin steuerten, wo sie heute angelangt sind. Sie waren ja, diese Völker, wo sie nur konnten, vor Ausbruch dieses Krieges zueinander unterwegs: Die Deutschen nach der Provence, die Französinnen mit Kisten und Schaditeln nach München und Bayreuth, Autos, überfüllte Sleepings,Wanderer, wo* hin man sah, und statt der Salons, ich sagte es schon, hatten die Bahnhöfe ihre »Habitues«, Wer ein Haus besaß, war von dem einen Wunsch beseelt, es wieder los zu werden, und nur unter den Politikern und Kapitalisten gab es noch einen Aus* schuß, der es für dringend geboten hielt, daß Europa zu einem Spital zusammen* breche,- sonst war schon das gröste Zu* einander im Schwung: ein ewiges Kommen und Gehen,- kein Verweilen/ nirgends,- bei niemand. Und mit Recht, Herr Borchardt mit seiner, von allen Registern geschwellten, und doch so weit