Gfossen 129 ///////////////////////////A////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////iV//////////////////////////////// 9 also möglich: daß dieser glückliche Erdteil sich auftat zu einem Sumpf von Blut und Wunden, der das Gemüt immer tiefer hinabzieht. Nein, ich verstehe diese Welt nicht mehr! III. Man muß es schon einmal sagen: denn darüber wird eines Tages kein Zweifel sein, daß in dieser Zeit nur einer das Recht auf seiner Seite hatte, und das ist der parteilose und unparteiische Papst,- die Neutralen, die sich heute gerne besser dünken, keinesfalls,- aber auch die Strei- tenden nicht,- mögen sie sich noch so vortrefflich halten; der über dem Streit Stehende überragt sie doch weit, und vor« bildlich ist nur er. Dieser Vorbildlichkeit wegen halte ich auch stets die Erinnerung an einige Epi- soden fest, die ich alle mit Namen ver sehen und beschwören könnte. Zum ersten; in London. Seit 1904 fuhr ich ziemlich regelmäßig hinüber. Die Phasen der Feindseligkeit während dieser Zeit waren mir sehr persönlich fühlbar gewor den, ebenso deutlich der zuletzt einsetzende Umschwung. So populär endlich wie im Frühsommer 1914 — die Geschichte wird es bezeugen — waren die Deutschen seit einem Menschenalter nicht gewesen,- ja, sie standen im Begriff, London im Sturme zu erobern. Ein Deutscher, mochte er auch zu Hause als ein ziemlicher Pinsel gelten, hier genoß er a priori, lediglich weil er Deutscher war, Anspruch auf Gedanken tiefe und Geist. So weit war man schon. Die wertvollste Orientierung über die öffentliche Lage erstattete jederzeit Lady C .... Ich kannte sie nicht, aber es ge nügte, ihr von weitem zuzusehen. Stets in das allerletzte Fahrwasser getaucht, zeigte niemand besser die Temperatur der elften Stunde an, ob dies nun die letzte Geschmacksrichtung in der Musik, der Li teratur oder der Mode oder aber, vor allem anderen, die letzte politische Strö mung betraf. — Niemand trieb so leiden schaftlich mit ihr empor — und war als bald so ganz von ihr erfaßt. Am Vorabend meiner Abreise saß ich im Salon meiner Freundin und erwartete mit ihr Lady C... . Sie hatte ihren Be such angekündigt und erschien noch vor Mitternacht, von Juwelen überfunkelt, das gelbe Haar von Diamanten übersprüht: Wurf und Farbe ihres Kleides voran leuchtend und noch nicht dagewesen. Ihre schnellen Blicke, während sie sprach, be deuteten mir ohne Vorbehalt, daß sie aus Neugierde gekommen war, und zwar meinetwegen. Es gab kein Thema, das sie da nicht heranzog, nichts, worüber sie nicht meine Meinung, mein Urteil als aus schlaggebenden Faktor — denn ich war ja deutsch — zu wissen begehrte. Und was rief sie da nicht, bevor sie, schneller als sie gekommen, wieder entschwirrte und ihr Auto durch die stillgewordene Großvenor- street der fünften oder sechsten »party« des Abends entgegensurrte: »Give me the Germans!« rief sie hingerissen- »They are the first people in the world.« Und da ich mir noch immer in der Ferne, und wenn ich mich eine Weile räumlich von den »Germans« geschieden hatte, die selbe Meinung über sie zurückerwarb, stimmte ich ihr rückhaltlos bei. Diese ihre letzten Worte waren es auch, welchen ich folgenden Tages gerne nach hing, während vor mir Ahnungslosen die englische Küste immer weiter zurücktrat. Schafwölkchen weideten am Himmel, und ich sah zufrieden zu ihnen auf. Denn Gott sei Dank! man war endlich vernünftig ge worden und die Gefahr war überstanden. Ich teilte meine frohen Wahrnehmungen