9 Hennings, Brandmal 129 Hause wohnt. Sie hat mich Frau Schneider empfohlen, obgleich das immerhin ein wenig riskant für Djemma war. Aber sie ist mir freundlich gesinnt und hofft wohl nicht, daß ich sie Lügen strafen und mich eines Tags der „Anständigkeit ergeben" werde, wie man hier im Hause zu sagen pflegt. Die Versuchung hierzu genügt, um als lasterhaft verschrien zu werden, und diese Schande erträgt sich auch nicht so leicht. Wie ich bemerken konnte. Als nämlich ein Mädchen eine Stellung als Buchhal terin annahm, ging ihr Freund auf Veranlassung an derer Mädchen zum Chef und machte ihn darauf aufmerk sam, „was für eine" er in sein Haus genommen habe. Das Schneiderhaus und das ganze Cafe waren in ihrem Klassenbewußtsein tief gekränkt und man triumphierte, als das Mädchen richtig die Kündigung bekam. Jetzt getraut sie sich nicht mehr, eine Stellung anzu nehmen, möchte gerne in eine andere Stadt übersiedeln, aber auch das ist nicht einfach, denn sie hat Schulden hier im Hause, und das ist ein unglückliches Zusammentref fen. Ich habe mit Djemma beratschlagt, ob wir für die Schulden — es sind dreihundert Mark — nicht Kaution leisten sollen. Ich weiß, Djemma hat ein gutes Herz, und so war es auch keine Gefühllosigkeit, daß sie mir diese Bitte abgeschlagen hat. Henny, sagte ich, wird uns das Geld schon nach und nach wieder schicken. Aber Djemma wollte nicht recht daran glauben. „Dreihundert Mark", meinte sie, „ehrlich verdienen und wegschicken, ist keine