197 zen und spüre Fremdes, das nicht mehr da ist. Wie mag es meinem armen Holzbeinmann zumute sein? Er sah ja aus, als wäre er am liebsten gleich in meinem Zimmer gestorben. Aber hier wird nicht gestorben. Hier wird gelebt. Wo zu wäre sonst der Hundertmarkschein da? Ich werde ihn am Nachmittag wechseln. Ich lege ihn unter mein Tisch tuch. Ich habe gebadet und gesehen, daß ich noch zwei ganze Beine habe. Ist das nicht ein Grund, sich zu freuen? Meine Glieder sind unverletzt. Nichts steht aus meiner Haut geschrieben. Als wäre nichts gewesen. 2st die Na tur so verschwiegen? Wo wird alles registriert? Morgen will ich in Kastans Panoptikum gehen. Da hängt im Hintergründe des Raumes, den man zuerst be tritt, ein Christuskopf, das Schweißtuch der heiligen Ve ronika. Der empfindsame Schleier der empfindsamen Frau zeigt so wunderbar das schmerzdurchtränkte Ange sicht. Ich liebe dieses Bild sehr. So möchte ich, daß das Leid meiner ganzen Klaffe sich tief in meine Seele prägt, damit es nie verloren gehe. Verloren und umsonst hätte ich ja gelebt und gelitten, wenn ich vergessen könnte. Wenn ich einmal nicht mehr mit- und nachempfinden könnte — so unausdenk bar —, ich dürste nicht sagen, ich habe je empfunden. Al les, was war, wäre ja Lüge gewesen. So will ich denn alles in mir behalten und bewahren, denn es ist meine Bestimmung, zu behalten. Alles steht in mir. Und in mir ist alles neu, als geschähe die Vergan-