226 ich nachzulernen. Die Choristinnen sehen mich so mitlei dig an, wenn ich am Morgen allein mit dem Kapellmei ster finge, bevor die Stückprobe begonnen hat. Herr Direktor sitzt mit seiner jungen Frau in der Loge, und in der Dämmerung sehe ich von der Bühne aus ihre Ringe blitzen. Frau Direktor mustert mich durch das Lorgnon. Aber ich denke, es wird überall mit Wasser gekocht. Man kann nicht anders fingen als mit menschlicher Stimme, selbst Caruso nicht. Die Töne, die ich zu fingen habe, sind nicht zu verfeh len. Sie find mehr wie kinderleicht. Wird hier aufgefaßt, als hätten wir klassische Opern zu bieten. Nun, darüber ist das Wort zuviel. Hundertfünfzig Mark im Monat lasse ich mir für den Schwindel zahlen. Ich habe, was man zum Leben braucht, wenn auch mit schlechtem Gewissen. Meine Gedankenwelt ist durch dies Engagement eigen artig verschoben worden. Mir ist, als sei ich auf der Straße reiner gewesen. Ich war doch allein. Hatte alles allein zu verantworten. Hier stehe ich allabendlich vor vie len Menschen und helfe ihnen, die Zeit verschwenden. Die Burleske, die wir bieten, ist keine Kunst, die auch nur einem Menschen wirklich Schönes geben kann. Was, machen wir eigentlich da, wir Schauspieler? Für was für einen Unfug geben wir uns her? Hier spielen manche begabte Menschen, die ihr Talent prostituieren.