297 begrüßte ihn beklommen. Gott mag wissen, was der Schutz heilige meiner Jugend von mir denkt. Hab' ihn ja noch so wenig kennen gelernt. Er aber kennt mich genau, das sehe ich ihm an. Die Zeit stand still. Das ist ein Augenblick, der selten im Leben vorkommt. „Oh, daß ich mich besinnen könnte!" war das einzige Gebet, zu dem ich mich zu erheben ver mochte. Unbeweglich standen die Heiligen, wie die Beson nenheit selbst. Da erschauerte Liane, und ich sah sie heftig zittern. Ihre Zähne schlugen aufeinander. Ach, das frierende Kind von Fleisch und Blut neben mir! Wonach mag sie gehungert haben in diesem Hause? Ich legte ihr meinen Samtschal um die Schultern, und sie setzte sich auf die Bank, stellte die Füße auf den Betschemel. Blumen und Silbertäschchen lagen müde im Schoß. Ich setzte mich gleichfalls und träumte in die kalte Kirche hinein. Die Kirche leerte sich von Menschen. Wir blieben zurück, als hätten wir eine verabredete Zusam menkunft. Als erwarteten wir jemanden und wußten nicht wen. Ach, wir sind keine alltäglichen Kirchgänger, wissen nicht von der Gewohnheit. Die sich hier täglich einfinden- werden wissen, wen sie hier erwarten. Wir aber suchen die Stille, denn im Hause Gottes ist es ruhig. Wir kom men aus einem anderen Hause, in dem man den lautesten Lärm hört. Die weltliche Musik geht nicht so schnell aus den Ohren . . . Darum auch bleiben wir länger wie die andern.