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kenne deine Geschichte. Mir ist, als könne ich sie begrei
fen, als verstünde ich sie, auch wenn ich nicht auf dem
Sockel stehe. Beschützer der Jugend, kannst du meine Ver
gangenheit begreifen, und die Gegenwart? Wenn die
Gegenwart vor dir kniet und dir all ihre Not sagt, kannst
du sie dann begreifen? Wird wohl so gebetet? Hilf mir,
hilf . . ."
Ich hab' ja nicht alles gesagt. Die Form des Gebetes
ist mir fremd, aber doch stand alles, was in mir ist, in
mir geschrieben. Hat er denn nicht lesen können? Ich
bin wohl nicht deutlich genug gewesen. Ich war unklar,
ach, ich weiß nicht . . .
Ich weiß nur, daß der Heilige unberührt oben stehen
geblieben ist mit seinem todweißen Gesicht. Aber was
will ich denn? Er kann ja auch nicht herabkommen. Aber
mir schwebte so etwas vor. Ich fühlte mich so unglück
lich, daß ich mich nicht einen Augenblick gewundert hätte,
wenn er persönlich lebendig herabgestiegen wäre zu mir,
um mich zu trösten, damit ich leichter weitergehen kann.
Es ist wohl so bestimmt gewesen, daß sich an diesem
Tage nichts zu mir herabneigen sollte. Und es wäre doch
so nötig gewesen.
In einer bangen Ahnung verließ ich die Kirche und
schlenderte ziellos in den Straßen. Solange die Sonne
schien. Ich wollte die liebe Sonne ausnützen, solange sie
noch einige Strahlen zu verschenken hatte. Aber der Son
ne ist es doch gleichgültig, wer von ihrer Wärme pro
fitiert. Sie scheint über Böse und Gute. Sie macht nicht
den geringsten Unterschied, die göttliche Sonne. Wie ist
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